The VOICE (Refugee) Forum Berlin
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Berlin, den 18.10.2010

Pressemitteilung von THE VOICE Refugee Forum und der PLATAFORMA der
MigrantInnen und Flüchtlinge.

STELLUNGNAHME ANLÄSSLICH DER VERSCHIEBUNG UND VERSCHLEPPUNG DES LG
MAGDEBURG IM FALL OURY JALLOH:

Nachdem das erste Gerichtsverfahren als eine Farce endete, hatte der
Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe den Freispruch für Andreas Schubert
im vergangenen Januar aufgehoben und das Aufrollen des Prozesses in
Magdeburg für diesen Oktober festgesetzt.
Es ist aber jetzt klar geworden, dass diese Entscheidung bloß der Versuch
war, den Druck von der Straße zu mildern, denn der Prozess wird jetzt,
genau wie der erste, verschoben und verschleppt. Dies ist ein wiederholter
Beweis dafür, dass das Rechtssystem Deutschland keinerlei Interesse hat,
die Wahrheit aufzudecken und der Familie und den Freunden Jallohs
Gerechtigkeit zu widerfahren zu lassen.

Berlin Oktober 2010:
Das Landgericht Magdeburg teilte am 6. Oktober mit, dass der Prozess um
den Tod Oury Jallohs nicht wie geplant Ende Oktober beginnen kann. Es gebe
Anhaltspunkte für eine schwere körperliche Erkrankung des Angeklagten
Andreas Schubert. Das Gericht hat die Untersuchung des Angeklagten durch
einen Amtsarzt angeordnet. Das endgültige Ergebnis liegt noch nicht vor1.
Am 12. Oktober wurde schließlich mitgeteilt, dass der Prozess auf den 12.
Januar 2011 verschoben würde.2 Es ist nicht das erste Mal im Zusammenhang
mit dem Prozess, dass der Angeklagte Schubert krank erklärt wurde, um den
gesamten Prozess zu verzögern.3

Aus unserer Sicht hat auch das LG Magdeburg nicht das Anliegen einer
Aufklärung der Todesumstände Oury Jallohs. Wie bei dem ersten Prozess, der
zwei Jahren nach dem Tod Jallohs eröffnet wurde, sind auch hier Lüge,
Vertuschung und die Verhinderung von Wahrheit zu erwarten. Die Anklage
gegenüber Schubert bleibt „Körperverletzung mit Todesfolge“ und wir wissen
nicht, ob auch in Richtung „Mord“ ermittelt wird. Wir sind immer noch der
Überzeugung, dass unser Bruder Oury ermordet wurde. Wir sprechen dabei
nicht von strukturellem Mord, Versagen des Systems oder fahrlässiger
Tötung, sondern von vorsätzlicher Tötung, in die fast alle Polizisten, die
sich am 05. Januar 2005 in dem Revier in Dessau befanden, involviert sind.
Das wurde möglich gemacht durch die Vertuschungen und die Lügen der
Dessauer Polizei.

Auch in dem Fall von Laye Alama Condé hat das BGH am 29. April 2010
entschieden, den Fall zur Neuverhandlung an das Bremer Landgericht zu
verweisen. Seitdem ist von dem Fall nichts mehr zu hören und der Beginn
des Verfahrens ist unbekannt. Es ist nicht nur das Versagen des Systems,
es ist eine Strategie, das deutsche Rechtssystem zum langsamen Schweigen
zu bringen. „Eine verzögerte Gerechtigkeit ist eine abgelehnte
Gerechtigkeit“, sagt Yufanyi Mbolo von The VOICE. Während wir für
Gerechtigkeit kämpften, wurden einige Aktivisten von uns rassistisch
kontrolliert, erniedrigt, verhaftet und verfolgt. Nach den Ermordungen von
Oury Jalloh und Laye Condé gibt es noch immer mysteriöse Todesfälle in
Zusammenhang mit dem deutschen rassistischen System und der Polizei.
Polizeigewalt und besonders rassistische Polizeigewalt sind zu unserem
Schicksal geworden.

Obwohl und vielleicht weil wir von dem neuen Prozess keine Gerechtigkeit
erwarten, muss auch dieser Prozess von unabhängigen JuristInnen,
MenschenrechtsaktivistInnen und Betroffenen kritisch beobachtet. Diese
Beobachtung des Prozesses soll nicht als Legitimation der Vertuschung
verstanden werden, sondern als eine Delegation zur Dokumentation des
Prozesses und seiner Ergebnisse. Wir werden die beiden Fälle sehr kritisch
verfolgen und fordern immer noch Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung
der Familien von Oury Jalloh und Laye Alama Condé.

Die Fälle von Oury Jalloh und Laye Alama Condé sind die zwei Fälle, die
ihre Gerechtigkeit im Gerichtsverfahren nicht bekommen haben, aber sie
sind nur ein Teil vieler Fälle von Polizeigewalt. N'deye Mareame Sarr,
Halim Dener, John Achidi, Zdravko Nikolov Dimitrov, Aamir Ageeb,
Arumugasamy Subramaniam, Dominique Koumadio und viele andere sind Opfer
der deutschen Polizei und ihrer rassistischen Straflosigkeit. Ihre Fälle
wurden nicht einmal vor Gericht gebracht.

Fast 6 Jahren nach Oury Jallohs bestialischem Tod in Zelle Nr. 5 in Dessau
sagen wir weiterhin: Oury Jalloh – das war Mord!

und fordern: Break the Silence! Wahrheit! Gerechtigkeit! Entschädigung!

Weitere Aktionen:
Datum: 18. Dezember 2010. Diskussion und Workshop mit AktivistInnen von
The VOICE Refugee Forum / Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und
MigrantInnen über weitere Strategien des Widerstands und Kampfes gegen
rassistische Polizeigewalt.
Ort: Friedrich-Schiller-Universität Jena
Zeit: 13 Uhr.

Für mehr Information stehen wir selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.
Yufanyi Mbolo: +49-(0)170-8788124
oder
www.thevoiceforum.org

The VOICE (Refugee) Forum Berlin/ Plataforma der MigrantInnen und Flüchtlinge
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E- mail: the_voice_berlin@gmx.de
www.thevoiceforum.org
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BLZ: 260 500 01, Sparkasse Göttingen.

Und weit weg ist so fern und so hart, dass wir immer langsam gehen müssen,
immer
einen kleinen Schritt vorwärts. Ich denke nicht, dass das Problem von
heute bis morgen gelöst werden wird, sondern ein lebenslanges Engagement
benötigt

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1 Landgericht Magdeburg, Pressemitteilung Nr.: 063/10, vom 06/10/2010:
http://www.asp.sachsen-anhalt.de/presseapp/data/lg-md/2010/063_2010_edc6...
2 Landgericht Magdeburg, Pressemitteilung Nr.: 065/10, vom 12/10/2010:
http://www.asp.sachsen-anhalt.de/presseapp/data/lg-md/2010/065_2010_9171...
3
http://initiativeouryjalloh.wordpress.com/2008/06/10/stellungnahme-anlas....


Pressemitteilung zur Prozessverschiebung von initiative oury jalloh
http://initiativeouryjalloh.wordpress.com/