In seinem Buch "Die Deutschlandakte" ist Prof. v. Arnim gerade nicht demokratiefeindlich, denn diese Auffassung vertrat der ehemalige thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel (Maybritt Illner, ZDF, 22.05.08), sondern er zeigt die vielen undemokratischen Schwächen auf und gibt Beispiele, wie dem abgeholfen werden müßte. Die Moderatorin von Kulturzeit (3-sat, 15.05.08, http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/121915/index.html) meinte, wer das liest, käme zu einem klaren Schluß, unser System sei zu gut deutsch am Arsch.
Leider hatte Prof. v. Arnim noch bis vor ein paar Jahren einen solchen Wohlklang der Medien nicht vernehmen können. Eher wurde er als Querdenker und Querulant behandelt, auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Seine lobenswerte Standhaftigkeit ist aber schlicht seinem Gehorsam gegenüber der vorgegebenen Theorie eines demokratischen Systems anzulasten und hat mit einem vermeintlichen Sonderanliegen überhaupt nichts zu tun.
Mit der Meinungsfreiheit tut man sich im Fernsehen manchmal immer noch schwer. So hatte Prof. Schachtschneider (Verfassungsklage gegen Lissabon-Vertrag) geäußert (Phoenix-Runde, 01.07.08), daß man sich fürchten müsse vor dem Großstaat Europa, denn er sähe nicht, daß Großstaaten demokratisch sein können. Man brauche das Prinzip des Förderalismus - Weitere Erklärungen hierzu wurden von der Moderatorin abgewirkt mit dem Satz, "Wir wollen ein demokratisches Europa ....". Er hatte auch zuvor geäußert, daß die Unionspolitiker ein Referendum (Volksabstimmung) scheuen, wie der Teufel das Weihwasser. (Aushebelung demokratischer Grundprinzipien).
Es ist ein großes Gift und fatal, wenn Fakten einfach ignoriert werden.
Aber sogar der Abgeordnete Georg Nüßlein (CSU) stellte in der BT-Debatte beim Thema Korruptions-Registergesetz fest, daß die allgemeine öffentliche Verwaltung mit 79 % am Korruptionsanfälligsten ist. Hinsichtlich der Bestechlichkeit auf der Ebene der europäischen Union, die sich dort so allmählich breit macht, sieht er die Strukturen hierfür verantwortlich. Man lasse hier auch wieder zu, daß sich Macht konzentriert in der Kommission - Gestaltungsmacht. Hier läßt sich relativ einfach auf dem Wege der Korruption das eine oder andere bewegen in den Händen von wenigen und insbesondere bar jeder demokratischen Kontrolle (Phoenix, 12.11.08).
Eine Verfassungsklage haben neben den Linken auch der CSU-Abgeordnete Gauweiler laufen. Schwerpunkte sind des weiteren die Entmachtung des Bundestages bei Auslandseinsätzen oder das Straf- und Grundrechtsregeln sowie -entscheidungen an den EuGH abgegeben werden müssen.

Deutschland unterzeichnete 2003 mit vielen Ländern die UN-Konvention gegen Korruption, die vorsah, bestechliche Abgeordnete müssen bestraft werden. 136 Länder machten das zum Gesetz. In Deutschland wurden nur Gesetzesentwürfe der Opposition dem Bundestag vorgelegt. Zu mehr kam es bislang nicht (Frontal21, ZDF, 09.06.09).

Im Buchausschnitt "Gerichte" schildert Arnim die deutsche Gerichtsposse über zu lange Gerichtsverfahren, unübersichtliche und komplizierte Gesetze, die nicht zu Einzelfallgerechtigkeit führen, und ein übertriebenes Verständnis richterlicher Unabhängigkeit. "Die uralte Frage, wer über die Wächter wacht, die Philosophen und Staatstheoretiker seit Jahrtausenden umtreibt, stellt sich hier in neuen Gewand." Weiter fehle es an schlagkräftigen Organisationen, die sich für eine durchgreifende Reform des Gerichtswesens stark machen. Der Einzelne hochgradig Geschädigte ist gezwungen, schweigend zu leiden und es zu erdulden.
Ob allerdings Justizminister ernsthaft versucht haben sollen, im Wege der Dienstaufsicht für Abhilfe zu sorgen, kann hier nicht bestätigt werden. Auch kann die gewünschte Verringerung des Instanzenwegs nicht bestätigt werden. Selbst wenn Prof. v. Arnim die Durchsetzung des Rechtsbeugungstatbestandes als unmöglich festhält (DDR-Richter und Staatsanwälte sind nach der Wende wegen Rechtsbeugung bestraft worden), denn der Paragraph stände faktisch nur auf dem Papier, bedarf es trotzdem des Nachweises der Rechtsbeugung und die kann häufig erst dann erfolgen, wenn das erstinstanzliche bis dato nur rechtswidrige Urteil angegangen wird und die notwendige Wissentlichkeit des Rechtsbruchs im Schriftsatz-Rechtsvortrag hergestellt wird. Für diese zweite Instanz (auch die dritte) wird hierfür Wissentlichkeit hergestellt und weiterer Rechtsbruch erheblich erschwert. Die Theorie der richterlichen Unabhängigkeit beruhte auf dem Umstand, daß man annahm, der einzelne Richter würde sich nicht mit den anderen Richtern und Behörden zusammenschließen und gemeinsame Sache machen. Leider liegt darin der Fehler und das muß abgestellt werden. Oder anders ausgedrückt, die vorgegebene angeblich demokratische Struktur (GG etc.) funktioniert nur dann, wenn diese berechtigte Kritik Gehör findet und eine Korrektur auslöst.
Arnim hätte mit seiner Instanzentheorie derzeit insoweit recht, weil es gängige Praxis ist, daß in den Instanzen unterhalb des BGH wild wucherndes Entscheidungsverhalten der Richter existiert und das noch dazu legitim ist, denn der Betroffene könne ja das Rechtsmittel zum BGH einlegen. Das heißt, wer es aus materiellen oder prozessualen Gründen nicht schafft, bis zum BGH vorzudringen, hat sehr schlechte Karten. Aber in einem eingliedrigen Gerichtswesen würde es auch an einer hinreichenden Herleitung der Rechtslage mangeln und BGH-Qualität kann so schwerlich eintreten.

Stattdessen wird aber der Rechtsschutz des Bürgers immer weiter ausgehölt (frontal21, ZDF, 01.07.08). In vielen Bundesländern, auch in Berlin (Die Linke) hat man das behördliche Widerspruchsverfahren teilweise oder ganz abgeschafft (z.B. NRW, Rüttgers ?). Bei rechtswidrigen Verwaltungsakten ist nun der Bürger gezwungen, kostenintensive Rechtsstreite zu führen. Die Begründung für die Abschaffung lautete, die meißten Widersprüche würden sowieso abgelehnt.
Die Widersprüche werden in der Praxis aus zwei Gründen abgelehnt, erstens, weil der Bürger sicherlich häufig rechtsunkundig einen Widerspruch eingelegt hatte und zweitens, weil viele Bescheide dem geltenden Recht nicht entsprachen. Die Verwaltungsgerichtsverfahren sind nunmehr erheblich angestiegen. Der Grund der Einführung des Widerspruchsverfahrens lag einmal darin, daß es dem Schutz des Betroffenen (geringes Kostenrisiko), der Entlastung der Verwaltungsgerichte und der Selbstkontrolle der Behörde dienen sollte. Was hat wohl den Sinneswandel erzeugt? Immer dasselbe, nämlich der Abbau von Bürgerrechten. Hier wird auf biegen und brechen ein Rechtszustand erzeugt, der mit dem inneren Rechtsgefühl des Bürgers nicht vereinbar ist und der Bürger wäre an sich angehalten, seine Rechte auf andere Weise zu erstreiten (Wild-West-Methoden). Doch dann greifen plötzlich die Strafgesetze aufgrund einer strafbaren Handlung, die doch erst durch den Staat erzeugt wurden. Folge wäre, der Bürger solle sich mit seiner Rechtlosigkeit abfinden. Vor der Wende war der Konkurrenzkampf zwischen Ost und West so groß, daß man z.B. in der DDR langfristig anstrebte, den Rechtsschutz des Bürgers völlig kostenfrei zu machen. Eine (angebliche) Demokratie schafft das offenkundig nicht.

Buchveröffentlichung Arnims