Anbei mein aktueller Kommentar.
MfG
Hans-Joachim Selenz
Selenz` Kommentar 09. Januar 2006
www.hans-joachim-selenz.de
Stahlkanzler Gerhard Schröder
Otto von Bismarck nannte man den Eisernen Kanzler.
War Gerhard Schröder der Stahlkanzler?
Wie Schröder seinen Job verlor, ist klar. Wie er ihn bekam,
offenbar noch nicht. Und das, obwohl die Aktion damals vor genau
acht Jahren - fast - öffentlich ablief. Mein Kommentar vom 28.
Dezember 2005 sorgte daher für Riesenwirbel nicht nur in Peine
und Salzgitter. Insbesondere bei Metallern, die mein Buch noch
nicht gelesen hatten. Preussag Stahl vom Preussag-Vorstand am 8.
Januar 1998 verkauft?
Wer hat das gewusst?
Wie hat Schröder den Deal umgebogen?
Warum biegt MP Wulff den Schließungsbeschluss bei Conti in
Hannover
nicht ebenso um?
Warum folgt er nicht dem Beispiel von Vorgänger Schröder?
Fragen über Fragen. Hier Fakten und Rat:
Am 8. Januar 1998 stimmt der Vorstand (der Preussag AG) bei
Gegenstimme von Herrn Dr. Selenz der Übertragung der Aktien von
Preussag Stahl AG gemäß dem vorliegenden, paraphierten
Grundsatzübereinkommen einschließlich der Anteile an den im
Übereinkommen genannten Gesellschaften auf die Voest Alpine
Stahl AG zu. (Protokoll Nr. 1113 über die
Preussag-Vorstandssitzung am 8. Januar 1998 14.45 Uhr bis 15.15
Uhr). Das AR-Präsidium hatte den Deal bereits abgenickt.
Oberpeinlich: IG Metall-Vorstand Schmitthenner, im dicken
Preussag-Audi A8 unterwegs, auch!Danach brach Panik aus.
Betriebsrat und örtliche IG Metall waren gelähmt. Schmitthenner
war schließlich auch Vize-Chef des Aufsichtsrates der verkauften
Preussag Stahl AG. Schröder hatte den Stahlarbeitern außerdem
noch am 24. November 1997 in Salzgitter hoch und heilig
versprochen: Stahl-Verkauf nur über meine Leiche!
Und am 1. März 1998 sollte Landtagswahl in Niedersachsen sein.
Katastrophe!
Wäre der Vertrag mit Voest zustande gekommen, sagt der
niedersächsische Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke,
hätte man Schröder vorgeworfen, er habe das Parlament
belogen und sein den Arbeitern
gegebenes Wort gebrochen (STERN 5/98)
Die Arbeiter hätten ihm zu Recht die Stahlbarren in die
Fenster der Staatskanzlei geschmissen, sekundierte
Schröders Wahlkampfberater
Bodo Hombach im STERN.
Nun war guter Rat teuer. Der Vertrach musste wech! Koste es was
es wolle. Umbiegen! Aber wie? MP Schröder wollte schließlich
die Wahl mit Bravour und Stimmenzuwächsen gewinnen. Sonst wäre
die SPD-Kanzlerkandidatur futsch gewesen. Da traf es sich gut,
daß man die Finanzprobleme der Preussag kannte. Unter Leitung
von Alfred Tacke (A-Tacke) hatte am 28. November 1997 der
Wirtschaftsausschuss des Niedersächsischen Landtages getagt.
Preussag-Vorstand MdL Schultze (SPD), Vorsitzender des
Ausschusses, hatte von 2,5 Mrd. DM gesprochen, die in Form von
Quersubventionierungen im Konzern verschoben worden
waren.
Im Klartext: Um Gewinne auszuweisen - obwohl man riesige Verluste
machte - wurde Vermögen verscherbelt. Staatsvermögen! Die
C&L Wirtschaftsprüfer hatten artig mitgespielt. Der
Schwindel lag sogar als Landtagsprotokoll vor. Schwarz auf weiß.
Offiziell. Der perfekte Hebel zum Umbiegen!
Am 9. Januar ging es mit dem Zug nach Düsseldorf.
Hauptgesellschafter der niedersächsischen Preussag war nämlich
die NRW-Landesbank West LB. Schröder hatte A-Tacke im Gepäck.
Außerdem hatte er mich gebeten, ihn zu begleiten. Zur Vorsicht.
West LB-Chef Friedel Neuber war Intimfreund von MP
Johannes Rau. Der wollte lieber Lafontaine ins Kanzleramt hieven.
Daher der Stahlverkauf. Oskar hatte ihm versprochen, ihn zum
Bundespräsidenten zu machen. Das konnte sich Gerhard noch nicht
vorstellen. Er kannte den scheinheiligen Bruder
Johannes zu gut. Im Büro des West LB-Chefs ging dann alles sehr
flott. Neuber ließ sich überzeugen. Es war für ihn
allemal besser, die tags zuvor verkauften Stahlwerke nochmals zu
verkaufen. An Parteifreund Schröder und dessen Nord
LB. Die Alternative wäre sehr misslich gewesen. Die
staatsanwaltschaftliche Überprüfung der Preussag-Bilanzen. Bei
2,5 Mrd. Miesen ein tödliches Unterfangen. Eine AG wechselte so
innerhalb eines Tages zweimal den Besitzer.
Einmal legal.
Einmal kriminal!
Derartiges gab es in der deutschen Geschichte bis dato noch
nicht. Später vergaß Gerhard Schröder Betrug und kriminelle
Bilanzen bei Preussag und Salzgitter. So wurde er deutscher
Stahlkanzler. Ein Vorbild für Christian Wulff und den Fall
Conti? Ich meine nein.
Wildwest auf der Chefetage* zeichnet Gerhard
Schröders Weg ins Kanzleramt präzise nach.
*Titel mit freundlicher Genehmigung des SPIEGEL-Verlags
BUCH&media ISBN 3-86520-140-7
Peine, den 9. Januar 2006
gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz