Betreff: Lubomir Ivancik verhaftet

Der zweiundsiebzigjährige, fast blinde Tscheche Lubomir Ivancik ist heute zwischen 11 und 14 Uhr in Marburg verhaftet worden. Niemand von uns hat heute damit gerechnet, weil Fronleichnam in Hessen ein Feiertag ist.

Ursache der Verhaftung ist ein Techtelmechtel, das Lubo um die Jahrtausendwende herum mit einer Studentin hatte. Aus der Verbindung entstand eine heute sechsjährige Tochter. Zwar ist die Kindesmutter nur 45 Jahre jünger als Lubo. Doch machte ihr Vater Karriere, als er nach der Wende vom Westen in den Osten wechselte und den Posten eines Geheimschutzbeauftragten im brandenburgischen Verfassungsschutz einheimste. Dieser Geheimschutzbeauftragte hat es auf Lubo abgesehen. Die anderen Staatsdiener stehen auf der Seite des Geheimschutzbeauftragten.

Franz-Josef Hanke und Dragan Pavlovic, die beiden Vorsitzenden der Humanistischen Union Marburg, werden vom Marburger Oberstaatsanwalt Jörg wegen angeblich falscher Verdächtigung verfolgt, seitdem sie sich für Lubo einsetzten und öffentlich in Frage stellten, ob besagter Geheimschutzbeauftragter dienstliche Befugnisse von privaten Wünschen trenne.

Lubo musste Tschechien nach dem Prager Frühling verlassen, da er sich politisch heftig betätigt hatte. Er bekam damals in Deutschland Asyl und lebt seit über dreißig Jahren in Marburg. Er wurde dort als höchst erfolgreicher Schwerenöter, nicht aber als Gewalttäter bekannt. Lubos Laufbahn als angeblicher Gewalttäter begann erst nach den Unstimmigkeiten mit seinem unehelichen Schwiegervater, dem Geheimschutzbeauftragten.

Viele von uns kennen Lubo als Prozessbeobachter und Demoteilnehmer. Lubo hat sein politisches Interesse aus Tschechien mitgebracht und in Deutschland entwickelt.

Ich befürchte, dass Lubo in die JVA Frankfurt-Preungesheim verbracht wurde, die wegen ihrer Fremdenfeindlichkeit berüchtigt ist.

Der Vorgang, so bizarr er ist, illustriert den alltäglichen Wahnsinn in den deutschen Behörden des sogenannten Rechtsstaats.

Ulrich Brosa

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