RA Bossi spricht in seinem Buch als Schwerpunkt die fehlende Protokollierungspflicht (§ 226/2 StPO nF) bei Schwurgerichten (große Strafkammer, § 74/2 GVG) an und stellt u.a. fest, daß Richter Widersprüchen nicht nachgehen und sie durch Verdrehungen und Verfälschungen ihre Entscheidungen unter Inkaufnahme der Verurteilung Unschuldiger revisions- und verfassungsgerichtsfest machen. Von Waffengleichheit zwischen Anklage und Verteidigung könne keine Rede sein.

Die hier von ihm genannte Forderung beruht auf seiner beruflichen Erfahrung und stellt eine Situation dar, die ein Unterlaufen von Grundrechten nicht nur zuläßt, sondern dies in der Praxis auch mehrfach vorgekommen ist. Wenn ein so besonderes Freiheitsgrundrecht auf diese Weise unwiderruflich verletzt werden kann, haben wir ein schwerwiegendes Demokratieproblem. Leider ist es sogar so, daß sich dieses rechtswidrige richterliche Verhalten auf fast alle Richter erstreckt. Das heißt nicht, daß die Richter immer Unrecht sprechen, aber immer da, wo es gewollt und gewünscht ist oder tatsächlich durch Unkenntnis verursacht wird. Ein durch Banalitäten verärgerter Richter oder rein subjektive Ansichten genügen schon. Alles läuft hinter einer scheinheiligen Fassade ab. Bei ihrem Rechtsbruch ist ihre natürlich offiziell nicht ersichtliche und doch skrupellose Art gegenüber dem Leben des Betroffenen und damit zwangsläufig, denn ein gewisses Restrisko besteht immer, zu ihrem eigenen Leben bemerkenswert.

Im Doku-Film "Pfusch in der Justiz" (NDR, 2003) meint Herr Netzer zum Problem des Mißbrauchs der Unabhängigkeit der Richter, es sei der Kaufpreis (der Demokratie) dafür, daß die Richterschaft insgesamt zugunsten des Rechtsuchenden diese Unabhängigkeit genießt. Ansonsten seien die Richter eben auch nur Menschen, die Fehler machen.

Ein Fehlerproblem kann im Sonderfall tatsächlich bestehen und darf nur die absolute Ausnahme sein. Es ist mittels Rechtsvorschriften, Auswahl der Richter, Qualität der Rechtsanwälte u.a. zielgerichtet abzustellen und das Opfer ist zu rehabilitieren, statt alles unverändert zu lassen. Von dem Begriff Fehler können aber nicht die Fälle betroffen sein, wo von einer Prozeßpartei der Fehler rechtzeitig angemahnt wurde oder Rechtsvorschriften selbst oder deren permanenten Veränderungen unabwendbare Fehler zulassen. Auf die Praxis bezogen, hieße die Äußerung des Herrn Netzer im Extremfall, daß ein lebenslänglich unschuldig Verurteilter seine Situation als selbstverständlich ansehen müßte, da er lediglich ein reguläres und unwiderrufliches Opfer der Demokratie sei. Für den von Bossi angesprochenen Fall würde das bedeuten, daß das durch die fehlende Protokollierungspflicht wasserdicht gemachte Urteil u.a. zugleich den Nachweis einer strafbaren Amtspflichtverletzung der Richter und damit ein Wiederaufnahmeverfahren unmöglich macht.

Es ist schon schwer nachvollziehbar, daß der wahre Zweck eines erheblichen datenschutzrechtlichen Eingriffs inkl. dem Gesetz für mehr Steuerehrlichkeit von der Mehrheit des Volkes nicht erkannt wird, aber nicht die deutlich sichtbare Rechtsstaatsverletzung.

Demokratie kommt aus dem Griechischen und heißt Volksherrschaft. Unser Grundgesetz baut auf einer verfeinerten 3-Gewaltenteilung (Parlament, Regierung, Gerichte) auf und regelt allgemeine Rechte, Pflichten sowie Verfahrensweisen. Die Abgeordneten werden vom Volk gewählt, die die Gesetzgebung ausüben und wo die Mehrheitspartei(en) die Regierung stellt(en). Die Berufung der Richter erfolgt fallbezogen durch den Bundestag, Bundesrat, durch Minister und einem Richterwahlausschuß o.ä.. Richter an den höchsten Fachgerichten jeweils des Bundes oder Landes können bei Verstoß gegen die Grundsätze des Grundgesetzes auf Antrag des Parlaments die Amtsenthebung anordnen (Art. 98/2 GG (ohne Schuldnachweis)), Richtergesetze des Bundes und der Länder (Fall offensichtlicher Unrichtigkeit im Kernbereich richterlicher Tätigkeit, Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 4. Aufl, München 1988; Thomas, Richterrecht, Köln/Berlin/Bonn/München 1986; Löwe/Rosenberg, StPO, Bd. 5, 23. A., Berlin/New York 79 und später) mit Schuldnachweis. Der Petitionsausschuß hat gem. dem Petitionsgesetz die Möglichkeit bei öffentlich-rechtlichen Gerichtsverfahren in das Verhalten der Prozeßpartei, die Amtsträger ist, einzugreifen oder können die zuständigen Stellen zur Nichtvollstreckung aus einem solchen Urteil auffordern oder auch Entschädigungen zahlen. Letztlich sollen die Parteien, Verbände, Vereine und die Medien zur Erhaltung der Demokratie beitragen.

Das Volk hat also mit seiner Wahl die Volksvertreter bestimmt, die die Geschicke des Landes gestalten sollen.

Herr Weiss meint im Doku-Film, sicher würde es zum Einen auch gefallen, wenn man im Einzelfall etwas ändern könnte, aber wenn dann es der Erfolg wäre, daß die Gefahr bestünde, daß sich dann der Vorgesetzte in alle Entscheidungen einmischt, dann würde er sagen, lieber ist ihm dann, daß er auch im Einzelfall keine Einwirkungsmöglichkeit hat.

Herr Netzer und Herr Weiss sind letztlich durch die Wahlen und den Berufungsmodus entstandene Volksvertreter, die beide ihre Pflichten leugnen. Es ist nämlich gerade der Sinn der 3-Gewaltenteilung, mit ihrer Machtkompetenz bei Verfassungsverstößen, wie oben beschrieben, einzugreifen.

Herr Richter Melzer (ARD-Kulturreport) und RA Bossi in seinem Buch hatten sich zur Absicht der Regierung hinsichtlich einer tiefgreifenden Neuordnung des bundesdeutschen Gerichtswesens geäußert. Beabsichtigt ist eine weitere Vereinfachung und Beschleunigung der Gerichtsverfahren, obwohl schon die Bestehende die grundrechtlichen Mindestanforderungen nicht mehr erfüllt. Einer Vereinheitlichung der Prozeßordnungen, der Zusammenlegung von Gerichten und einigen anderen Punkten sind evtl. positive Seiten zu entnehmen. Die Privatisierung von Gerichtsaufgaben dürfte höchstwahrscheinlich negativ belastet sein. Die Einschränkung von 4 auf 3 Instanzen ist durchaus machbar, u.a. mit den Rechtsschutz sichernden Regeln zu einem Wiederaufnahmeverfahren, doch die in den letzten Jahren prozessual vorgenommenen Veränderungen, hatten jedoch einen die Durchsetzung des Rechts nicht bessernden und teilweise hindernden Charakter. Deshalb kann der Schluß einer weiteren unerträglichen Einschränkung nur angenommen werden. Letztlich kommt es aber auf das Gesamtwerk inkl. der wahren Hintergrundabsichten an, die idR nur die Insider wissen oder erahnen können.

Die Aktion zeigt aber zugleich, daß sehr wohl Eingriffsmöglichkeiten des Parlaments und der Regierung bestehen, wenn Gerichte ihren Job nicht ordnungsgemäß ausüben. Es müssen nur die richtigen Veränderungen sein, doch daran mangelt es wegen des gemeinschaftlichen und korrupten Vorgehens aller 3 Gewalten. Dieses Zusammenspiel reicht bis in Verbände, Vereine und Medien hinein. Selbst kleine Parteien sind in diese Intrigen integriert. Wie kann es sonst in einer Demokratie möglich sein, daß die schweren Vorwürfe des renommierten und erfahrenen RA Bossi in den maßgeblichen die Gesellschaft mitprägenden Kreisen seit seiner Veröffentlichung des Buches (Anfang März 05) ungehört bleiben.

Vom Wahl- und Berufungsmodus her betrachtet, ist der Wähler selbst, derjenige, der dem unschuldig lebenslänglich Verurteilten die Opferrolle zugewiesen hat. Das dürfte so ungefähr der Tenor derjenigen sein, die dieses Unrecht per Rechtsvorschrift, Minister- und Richterberufung erzeugt haben. Zugleich dürfte unter dieser Betrachtungsweise ersichtlich sein, daß das bestehende System selbst ein allgemein kriminelles Verhalten befördernde Wirkung haben muß.

Um das Problem zu beseitigen, bedarf es neuer wirklich unabhängiger Parteien, die nicht von Scharlatanen durchsetzt sind, den notwendigen Sachverstand zum Recht mitbringen und Unterwanderung sofort erkennen. Die bestehende Demokratiestruktur muß aber mindestens für Deutschland in Frage gestellt werden, weil sie solche Entartungen ermöglicht hat. Der Unterschied zu anderen Diktaturen besteht in Deutschland darin, daß sie hier weitgehendst und unerkenntlich über die Rechtsprechung in besonderer Härte zur Ausführung kommt.

Zum Schluß noch eine kurze Bemerkung zu den in Schrifttum und Medien falsch angewendeten oder verstandenen Begriffen Justizirrtum, Schuldenfalle und formaljuristisch. Ein Irrtum ist etwas, bei dem jemand einen nicht gewollten Fehler gemacht hat. Eine Falle wird jemanden meißt absichtlich, also bewußt, gestellt. Im Volk wird der Justizirrtum auch als etwas Ungewolltes verstanden, obwohl es sich in der Regel um keine Irrtümer handelt. Dagegen wird die Schuldenfalle als eine von dem Betreffenden selbst herbeigeführte Verschuldung angesehen. Eine solches Selbstverschulden hat aber mit dem Sinn einer Falle nichts zu tun.
Mit dem Wort "formaljuristisch" soll in der öffentlichen Berichterstattung alles an Entscheidungen abgedeckelt werden, was mit dem Volksverständnis nicht so ganz im Einklang steht. Tatsächlich bedeutet formaljuristisch nichts anderes als das ein Urteil nach den Rechtsvorschriften, rechtsstaatlichen Verfahrens- und Auslegungsregeln sowie gemäß ständiger oder zumindest üblicher Rechtsprechung und Entscheidungskriterien ergangen ist. Da den Bürgern die Kenntnis über diese rechtsstaatlichen Regeln nicht immanent sind, werden unter diesem Begriff auch Entscheidungen manifestiert, die eben nicht rechtsstaatlich ergangen sind.

In der Schweiz hat man ein Gesetz zur lebenslangen Verwahrung geschaffen (Kulturzeit, 3-sat, 12.12.07). Hierbei soll der Betroffene nur einmalig begutachtet werden und soweit das Gutachten entsprechend ausfällt, wird er lebenslang ohne ein Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens weggesperrt. Es gab zwar Fachleute, die sich darüber aufregten und die Verletzung der europäischen Menschenrechtskonvention anzeigten und dabei blieb es.
Susanne Boshammer (Ethik-Zentrum, Uni Zürich) versteht unter Menschenwürde, "Die Menschenwürde läßt sich am ehesten so übersetzen, es sei die Summe der Ansprüche, die Menschen haben, weil sie Menschen sind, was man weder erwerben noch verlieren kann, man hat es ohne das man etwas tut und man behält es, egal, was man tut."
Mit einer solchen Definition gießt man höchstens Feuer in den Abgrund des Gedankenguts staatlicher Schergen, die ihre geheimen Vorstellungen über die Quälerei anderer vollends umsetzen können. Wie im von Bossi kritisierten Fall des geänderten Strafprozeßrechts, wobei er das Willkürverhalten der Staatsdiener im Auge hatte, sehen wir, daß eine gleichgewichtete Gegenkraft, die ein solches Gesetz kippen kann und muß, nicht existiert. Letztendlich genügt es also nicht die Einhaltung der Menschenrechte, noch dazu mit solchen Definitionen, in Grundgesetz oder Verfassung zu propagieren, sondern es bedarf eines verbindlichen Regelwerks, daß eindeutig die Grenzen staatlichen Handelns aufzeigt. Die Sache der Protokollführung und der Sicherungsverwahrung sind so schwer tragend und berechtigen deshalb dazu, in ein solches Regelwerk aufgenommen zu werden. Länder, die es nicht schaffen, in kürzester Zeit solche Mißstände aus der Welt zu schaffen, sind nicht als demokratisch anzusehen, denn es fehlt ihnen das einer Demokratie innewohnende und erforderliche Gleichgewicht der Kräfte.

Die Regelungen zum Maßregelvollzug in Deutschland verlangen zwar, daß jährlich eine Prüfung stattzufinden habe, jedoch die sachgemäße Prüfung scheitert zuweilen am zuständigen Arzt und Richter. An zwei Fällen werden die Umstände geschildert (Umschau, MDR, 19.08.08). Ein Inhaftierter war mit 17 Jahren aufgrund der Umstände im Elternhaus aus der Bahn geraten und hatte Dinge wie Wertstoffcontainer angezündet. Gleichzeitig suchte er bei der freiwilligen Feuerwehr Halt und Anerkennung. Ein Gutachter attestierte ihm eine psychische Erkrankung. Aus angesagten 2-3 Jahren Haft sind bereits 8 Jahre ohne Aussicht auf baldige Entlassung geworden, auch weil er gegen die Hausordnung verstoßen habe (z.B. der Besitz eines Handys), was sich bitter rächte. Ein zweiter Inhaftierter hatte die Karriere eines Kleinkriminellen hinter sich. Diese Art der Inhaftierung erfolgte zuguterletzt infolge eines Rucksackdiebstahls und Schrottklau. Er sitzt nun bereits 3 1/2 Jahre.
In den letzten 14 Jahren verdreifachte sich die Zahl der so Inhaftierten, obwohl es keinen faktischen Anstieg schwerer Straftaten gäbe und psychische Krankheiten nicht zugenommen hätten (Aussage eines Professors der Psychiatrie).

In einem Schweizer Filmbeitrag "Im Zweifel für die Sicherheit" (3-sat, 15.01.14) komt man zum Schluß des Films zur Erkenntnis, daß ein Dilemma bestehe. Das Dilemma läge in der wissenschaftlichen Unmöglichkeit, ein exaktes psychiatrisches Gutachten über den Täter erstellen zu können und damit der Unmöglichkeit eine Wiederholungsgefahr zu verhindern.
"Im Zweifel für die Sicherheit" ist der falsche Weg, weil einem aus Sicherheitsgründen weggesperrten Unschuldigen dies nicht vermittelbar ist und somit ein Folterstatus entsteht. Und aus demokratischen Gründen, dem höheren Gut, ist dieser Weg falsch, weil damit dem Staatsapparat Tür und Tor für Mißbrauch geöffnet wird. In anderen Lebensbereichen kommt es ebenfalls häufig vor, keine 100 %-ige Lösung anbieten zu können, weshalb man dort z.B. nach Minimierung und Optimierung trachtet. Gleiches sollte bei schweren Straftaten gelten. Da sich die Richter und Gutachter in der Öffentlichkeit gern als die braven Bürger darstellen, kommt keiner darauf, ihnen zuallerst einmal ihre subjektivistischen Allüren auszutreiben, besser gleich vernünftigeres Personal einzusetzen. In einem zweiten Schritt sollten sich Regierende mit den Wissenschaftlern bemühen, ein Regelwerk zu schaffen, daß die optimale Minimierung dieser besonderen Straftaten zum Ziel hat. Schlußendlich bliebe dann nur noch ein kleines Restrisiko, was hingenommen werden muß. Genau das müßte die Politik dem Pöbel nahebringen, der lediglich rein gefühlsmäßig aber lautstark sein Interesse des Wegsperrens verfolgt. Genau das tut sie eben nicht, weil sie selbst diktatorische Interessen hat.


Wenn ein Straftäter ohne Grund ("Hintergründe der Tat sind nicht bekannt") in die Psychiatrie kommt und sogar ohne ein psychiatrisches Gutachten erstellt zu haben, dann sind das deutliche Zeichen, wo dieser Staatsapparat hintriftet.

Der EGMR hatte am 17.12.2009 festgestellt, daß die nachträgliche gerichtliche Feststellung der Sicherungsverwahrung gegen die Menschenrechte verstieße, weil es die eigentlich gesetzlich geregelte Haftstrafe verlängere.
Für Prof. Uwe Wesel (Staatsrechtler) war diese Entscheidung längst fällig. Die Mehrheit der Juristen in Deutschland haben sehr gehofft, daß das Gericht so entscheiden würde. Die Sicherungsverwahrung sei gleich nach dem Amtsantritt Adolf Hitlers eingeführt worden. Die Weiterinhaftierung psychisch Kranker reiche völlig aus. Nach einer Studie seien die Prognosen der Gutachter, die die Weiterinhaftierung maßgeblich bestimmen, bei mind. 50 % der Fälle falsch. Die öffentliche Diskussion darum bewege sich am Rande der Täuschung und führe mehr oder weniger in die Irre.
Das BVerfG entschied am 22.12.09 dann aber zugleich, daß es an dieser Regelung festhalte, weil angeblich das Sicherheitsbedürfnis des Volkes überwiege.
Die Praxis zeigt aber, daß hier lediglich Schikane an den Inhaftierten betrieben wird (menschliche Erscheinung von Willkür der Gutachter und Richter). Im Kern werden so die gesamten Normen des Strafrechts ausgehebelt und stellt eine Absage an den Glauben, daß der Mensch sich bessern kann, dar.
Der Strafverteidiger Ratzmann meint, die Frage, ob der Inhaftierte überhaupt noch zu einer Gewalttat fähig ist, interessiere den psychiatrischen Gutachter nicht (Kontraste, ARD, 11.03.10). Die Gutachter würden zu vorschnell die weitere Inhaftierung feststellen und die Richter würden zu wenig hinterfragen. Prof. König (Uni Tübingen) hatte 22 entlassene als gefährlich eingeschätzte Personen untersucht, wobei davon nur 2 Personen schwer rückfällig wurden. Die Gutachter seien momentan eher geneigt, eine Person als gefährlich einzuschätzen, weil sie dann auf der sicheren Seite seien und es könne ihnen nichts passieren. Andernfalls hätten sie evtl. das Risiko sich auf der ersten Seite der Bildzeitung wiederzufinden.
In der Sendung wird festgestellt und an Beispielen gezeigt, es seien auch nicht nur Mörder oder Sexualstraftäter, die jahrelang oder bis zum Tode in Sicherungsverwahrung sitzen. Ein bereits 30 Jahre inhaftierter Häftling (inhaftiert wegen Geldraubs) berichtete davon, daß es einige Mithäftlinge gäbe, die aus ihrer Zelle nur noch zum essen herauskämen, weil sie völlig kaputt seien.
Die Anwältin Rittershaus eines schon lange in Sicherungsverwahrung sitzenden nunmehr alten und schwerbehinderten mehrfachen Einbrechers meint, das sei grob rechtsstaats-, menschenrechts-, grundrechts- und verfassungswidrig. Es ist zwar im Detail nicht vergleichbar mit Guantanamo, aber so die grundsätzliche Situation, dieses Rechtlose würde sie dem gleichsetzen.

Der EGMR hat zumindest hier dem deutschen Schikanetrip ein Ende gemacht. RTLaktuell (RTL, 13.05.10) vollzieht eine rein einseitige und damit sträfliche Berichterstattung, indem unverantwortlich berichtet wird, diese Entscheidung hätte nun Sexualstraftätern Tür und Tor geöffnet.
Allerdings berichtet RTLaktuell, anders als die öffentlichen Sender, auch mal über Justizpannen (19.06.10). In Hamburg hatten Richter wichtige Fristen verstreichen lassen, weshalb 2 angeklagte Jugendliche zunächst aus der Untersuchungshaft entlassen werden mußten. Die Jugendlichen hatten einen 44-jährigen Mann wegen 20 Cent zu Tode geprügelt.


Hier haben doch nicht etwa einige Fachgerichte dem Bundesverfassungsgericht die Gefolgschaft verweigert (15.07.10).
Unter Ignorierung des Gutachterproblems und fernab von Rechtsstaatlichkeit und des Sozialisierungsgedankens hat sich in Politik und Medien aber die Hetzjagd auf die Freigelassenen durchgesetzt und eine Art Mobb im Volke wird offenbar aufgewiegelt. Ob dieses Eigenleben vom Volk allgemein getragen wird, ist nicht bekannt. Das offenbar gewünschte Wegsperren auf Lebenszeit ist auf jeden Fall an der Stelle fragwürdig, wo es sich um sehr junge Täter handelt oder die Tat eine vom Gericht zu wenig oder nicht gewürdigte Affekthandlung etc. war. Ansonsten hatte der Gesetzgeber die Höchststrafen so festgelegt und er müßte sie nunmehr vielleicht ändern, wenn die Erfahrung zeigt, daß das bisherige Strafmaß unzureichend ist. Der EGMR hatte entschieden, daß die rückwirkende Verlängerung der Sicherungsverwahrung gegen die Menschenrechte verstößt, weshalb diese Entscheidung entgegen der Moderation in Fakt (ARD, 02.08.10) keine rein formal-juristische sein kann.
Der EGMR hatte am 13.01.11 in vier weiteren Fällen einen Menschenrechtsverstoß festgestellt und Prof. Kinzig (Uni Tübingen) sieht mit den Urteilen auch das seit Jahresbeginn bestehende Therapieunterbringungsgesetz in Frage gestellt, was die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) allerdings verneinte.

Der plötzliche Sinneswandel des Bundesverfasungsgerichts wirkt schon erdrückend. Eine richtige Arbeit des BVerfG zeichnet sich nicht durch zwangsbedingte Kurskorrekturen, sondern durch ein stabiles Verständnis vom Recht aus.


Was die Justizministerin macht, ist nicht zu beanstanden, da so die Sicherungsverwahrung Unschuldiger besser vermieden wird. Allerdings handelt es sich bei den Landesministern nicht nur um Stimmungsmache, sondern der Ignorierung rechtsstaatlicher Erfordernisse.

Das Bestehen der Richtermafia in Deutschland iVm ihrer weitgehenden Tabuisierung stellt neben o.g. und ähnlicher Gesetze ein unerträgliches Demokratiedefizit dar.

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