Rechtsbeugung: Richter angeklagt

HALLE ap Die Generalstaatsanwaltschaft von Sachsen-Anhalt hat drei Richter wegen Rechtsbeugung angeklagt. Die Entscheidung beruht auf einer Anzeige eines 38-jährigen Türken, der seit Jahren um das Sorgerecht für seinen Sohn kämpft, so eine Justizsprecherin. Noch sei aber unklar, ob das Verfahren vor dem Landgericht Halle eröffnet wird. Die Angeklagten hatten als Richter am OLG Naumburg Ende 2004 Kazim Görgülü das Umgangsrecht abgesprochen. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem OLG-Senat daraufhin bescheinigt, außerhalb seiner Zuständigkeit und willkürlich gehandelt zu haben.

taz vom 24.11.2006, S. 7, 22 Z. (Agentur) Druckversion

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Der Antrag wegen Rechtsbeugung wurde vom Gericht rechtsirrig abgelehnt, da ein Spruchkörper, bestehend aus drei Richtern, wegen der Schweigepflich nicht haftbar gemacht werden könne. Das Problem sei, daß eine Strafbarkeit nur denjenigen Richter treffe, der für die rechtsbeugerische Entscheidung gestimmt habe. Man könne angeblich wegen des Beratungsgeheimnisses aber keine Zeugenvernehmung der Richter vornehmen.

Hier wird § 54/1 StPO iVm § 62 Bundesbeamtengesetz völlig fehlinterpretiert. Der Kommentar Fischer, 2008 meint zu § 339 StGB in Rn 8 sehr vorsichtig, daß das Beratungsgeheimnis einer Beweiserhebung über das Abstimmungsverhalten entgegensteht, ist zweifelhaft".
Tatsächlich darf ein Richter in einer Demokratie kein Recht der Narrenfreiheit haben, denn sonst sind dem Mißbrauch und der Willkür Tür und Tor geöffnet. Die Praxis beweist eventuellen Theorien von anvertrauter Eigenverantwortung das Gegenteil.