Ein Wachkomapatient hatte einen Arbeitsunfall auf der Baustelle aufgrund eines
Stromschlags. Direkte visuelle Zeugen gab es nicht, aber die Mitarbeiter hatten ihn
schreien hören, bevor er leblos zusammenbrach. Die private und gesetzliche
Unfallversicherung lehnten Ansprüche ab, weil ein ganz natürlicher Herzstillstand
vorgelegen habe. Ein Gutachter der Uni-Klinik Leipzig kommt jedoch zu der Feststellung,
daß das Schreien infolge eine Ereignisses geschah, was nahe legt, daß der Verunglückte
einen elektrischen Schlag bekommen hat und dann seien die Rhytmusstörungen mit all den
Folgen gekommen. Alles sei schlüssig. Das Zivilgericht sprach dem Verunglückten deshalb
eine Entschädigung aus der privaten Unfallversicherung zu.
Martin Bandmann (Geschäftsführer der Baugnossenschaft Berlin (gesetzliche
Unfallversicherung)) erklärt hingegen hierzu, solange es nur einen Hauch eines Zweifels
gäb, dürfe man garnicht bezahlen. Es gehe nicht um Recht haben oder Recht kriegen, hier
geht es einfach darum, daß die Berufsgenossenschaft sich an klaren rechtlichen Grenzen
orientieren muß und auch kein Spielraum habe, vor dem Hintergrund eines traumatischen
Ereignisses sagen zu können, "Naja, das machen wir ein bißchen zugunsten des
Betroffenen oder ein bißchen weniger zugunsten des Betroffenen". Diesen Spielraum
gäbe es nicht. Auch gelte das Urteil des Zivilgerichts nicht für die BG als gesetzliche
Unfallversicherung. Wenn ein Zivilgericht sich mit den Beweisen zufrieden gäbe, sei das
eine Sache, damit die Berufsgenossenschaft bezahlt, müsse es über den Unfallhergang
vollständige Gewißheit geben. Das sei hier nicht der Fall. Die Konsequenz ist damit,
daß die Berufsgenossenschaft nicht ihre Entschädigungsleistung erbringt. Sachliche
Gegenargumente lieferte er nicht. Auch das Chemnitzer Landessozialgericht hat die Klage
abgewiesen.
Das verstehen die Eltern des Verunglückten nicht, daß die Richter diametral anders
entschieden haben.
Mit der Auffassung des Herrn Bandmann würde die Versicherung ihrer gesetzlichen
Entschädigungsverpflichtung aus SGB VII nicht gerecht. Auch für die Behörde wie auch
für das Sozialgericht gelten die Tatsachenermittlungs- und Beweiswürdigungsregeln.
Gerade im Unfallversicherungsrecht können typische oder unverschuldete
Beweisschwierigkeiten, die sich aus den Besonderheiten der versicherten Tätigkeit oder
sonstigen, dem Beschäftigungsunternehmen bzw. dem UV-Träger zuzurechnenden Umständen
ergeben, bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden. Die Wahrscheinlichkeit genügt
hier. Demgemäß reicht, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht
(Meyer-Ladewig/..., SGG, 10. A., § 128 Rn 3 c,e).
Desweiteren haben wir ein Gutachten vorliegen, daß hinreichend deutlich für den
Ursachenzusammenhang spricht. Ein Gegenbeweis, der Zweifel erweckt, liegt nicht vor,
sondern nur die Behauptung eines natürlichen Herzstillstandes. Ein Verfahrensfehler und
Revisionsgrund liegt vor, wenn der Richter das verkannt hat. Insofern hätte das LSG wie
das LG entscheiden oder eine nachvollziehbare Gegenbegründung liefern
müssen.
Zehntausende (nur Deutschland) etwa sollen im Jahr nach Schätzungen von Experten Opfer
von falschen Diagnosen oder Kunstfehlern sein (Kontraste, ARD, 05.10.06). Für sie gäbe
es Schlichterstellen an der Ärztekammer, die versprechen, objektiv und unabhängig zu
prüfen.
Im Beispielfall fiel einem Bürger die Arbeit immer schwerer. Eines Morgens wachte er mit
einer Gesichtslähmung auf. Sein Hausarzt hatte ihn wegen seiner Beschwerde, wie
Schwäche, Schwitzen, Brustschmerzen nicht für voll genommen und ihn nur auf Grippe
behandelt. Seine Beschwerden bessern sich nicht. Er verliert seinen Arbeitsplatz. Dann kam
der Totalzusammenbruch aufgrund einer zerstörten Herzklappe wegen einer Infektion.
Die Schlichterkommission (NRW) stellt fest, der Vorwurf eines ärztlichen
Behandlungsfehlers sei nicht berechtigt und sei zurückzuweisen. Die Kommission hat
vorgetragene Beschwerden, wie Gesichtslähmung oder Schüttelfrost einfach ignoriert und
die Angelegenheit derart verharmlost, so daß das Gutachten einfach nicht hinnehmbar war
und die Anwältin das Gericht in Anspruch nehmen mußte. Der Gerichtsgutachter stellte
erstaunlicher Weise, weil nicht üblich, fest, daß im Gutachten die krankheitstypischen
Symptome nicht gewertet wurden. Die Schlichtungsstelle wollte sich speziell zu diesen Fall
nicht äußern, aber meinte 90 % aller Urteile der Gutachterkommission würden ansonsten
ungerügt angenommen werden. Der Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale stellt
hingegen klar, die Rügen bleiben nur deshalb aus, weil die Kranken überfordert sind und
die Schlichtungsstellen seien überhaupt nicht unabhängig, was viele Patienten
bestätigen. Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung teilt mit,daß sie die Probleme
der Parteilichkeit kenne, was aber auch Ländersache sei.
Tatsächlich besteht in Deutschland ein riesiger, offensichtlich politisch angestifteter Sumpf in der Ärzteschaft, dem viele Ärzte anstandslos folgen und manchen Ärzten merkt man aber auch die staatlichen Zwänge an. Die Gerichte sind in den Sumpf voll integriert. Obiger Fall wurde, wie sonst allgemein üblich, höchstwahrscheinlich nur wegen der Beteiligung des Fernsehens gewonnen, denn z.B. gerade bei den von den Sozialgerichten bestellten Gutachtern konnten objektive Gutachten nicht festgestellt werden. Vielen vom Fernsehen begleiteten Betroffenen (auch in nichtmedizinischen Fällen) ist garnicht bewußt, wer sie vor dem Abgrund gerettet hat. Diese Methode der Rechtspraxis hat allerdings nichts mit Rechtsstaat zu tun.
Joachim Lüblinghoff (Deutscher Richterbund) hält fest, es gäbe bestimmte komplexe
Materien, die Richter als Laien nicht beurteilen können. Da sei man voll und ganz, diese
Materien gibt es, auf den Sachverständigen angewiesen und da müsse er ihm vertrauen
(PlusMinus, ARD, 29.01.14).
Es stimmt zwar, daß die Richter diese Materie nicht beherrschen, aber sie können leicht
aus den vielen Rechtsfällen schließen, daß es ein Gutachterproblem gibt. Aber genau das
nutzen sie ebenfalls zum Nachteil der Betroffenen aus, statt das Gutachterproblem
anzugehen. In der Sendung wurde zudem auf ein Netzwerk von Beziehungen und Abhängigkeiten
hingewiesen und dies für sachgemäße Gutachter gleich in ganz Deutschland beruflich
nachteilig auswirkt.
In der Frage von Unfallopfern sollen die Versicherungen Gutachter in den Krieg schicken, damit die Unfallopfer das Gerichtsverfahren entnervt aufgeben (Frontal21, ZDF, 25.06.13). Mit echten medizinischen Befunden scheine das am Ende nichts mehr zu tun zu haben. An der Unabhängigkeit der Gutachter würden inzwischen auch Gerichte und die Politik zweifeln. Ein Rechtsanwalt Jürgen Hennemann hält fest, wenn die Versicherungswirtschaft über nahezu unbegrenzte finanzielle Resourcen verfügt, läge es auf der Hand, daß sie diese Resourcen, wie wir regelmäßig sehen, teilweise gnadenlos, teilweise rücksichtslos, gegen Opfer und Geschädigte einsetzt. Es sei von vornherein beabsichtigt, Opfer und Geschädigte in eine regelrechte Gutachterschlacht hineinzuführen, weil am Ende stünde auch in diesem Bereich das strategische Ziel eines jeden Versicherers, daß ein Opfer oder ein Geschädigter möglichst entnervt aufgibt. Wenn es darum geht unerträglich lange Prozeßlaufzeiten endlich einzudämmen, ist der Gesetzgeber gefordert.
Ähnliches wird auch von den Gutachtern des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) berichtet (Report, ARD, 04.02.14). Die gerichtlich zugelassene Rentenberaterin Karin Svete meinte, der MDK entscheidet immer im Sinne der Pflegekassen. Heiner Bögler vom Sozialverband Deutschland Worms spricht entgegen den Aussagen der Krankenkassen davon, daß das Ganze System habe. Es sei zwischenzeitlich schon soweit, daß sich beim Verband der Eindruck verdichtet hat, daß der MDK Weisungen von den Krankenkassen bekommt. Report stellte zudem fest, daß in allen MDK-Verwaltungsräten Funktionäre der Kassen sitzen (je nach Bundesland von 7,1 - 42,9 %; in 9 Ländern an der Spitze des Verwaltungsrates), die z.B. auch die Richtlinien für die Arbeit der medizinischen Dienste festlegen und deren Geschäftsführer wählen. Für Prof. Ingo Heberlein wird so der MDK immer mehr eine Zweigstelle der Krankenkassen. Das entspreche nicht der ursprünglichen Vorstellung des MDK als eines unabhängigen Gutachterdienstes. Er hält die Besorgnis der Befangenheit gegen den MDK durchaus für begründbar.
In einem speziellen Fall, in dem eine Patienten über starke Schmerzen im
Halswirbelbereich nach einem Unfall klagte, kam ein gerichtlich bestellter Gutachter zu
dem Schluß, sie habe eine schwere depressive Verstimmung mit massivsten
Entschädigungswunsch. Der Orthopäde Dr. Uwe Oppel befürchtet, daß wir inzwischen eine
eigene gutachterliche Medizin haben, die der Wirklichkeit und damit den Verletzungen und
den Krankheiten der Verletzten nicht mehr gerecht wird. Da werde sehr viel
versicherungsfreundliches geschrieben, was eben in der Realität keine Entsprechungen hat.
Sein Verdacht ist, viele Gutachter seien jenseits vom Gericht auf Aufträge von
Versicherungen angewiesen. Das Auftragsrecht für die Vergabe von Gutachten läge bei den
Versicherungen. Die bestimmen also, wer Gutachtenaufträge bekommt und wer nicht, und wenn
zu viele unschöne Gutachten für die Versicherung geschrieben werde, muß man
befürchten, keine Gutachtenaufträge mehr zu kriegen. Er selbst bekommt von der
Versicherungswirtschaft keine Gutachten mehr.
Der Petitionsausschuß hat nun die Regierung aufgefordert, die Zivilprozeßordnung zu
verbessern. Gutachter sollen in Zukunft offen legen, ob sie wirtschaftlich von
Versicherungskonzernen abhängen (Frontal21, ZDF, 25.06.13).
Demgegenüber gibt es auch Sendungen, die suggerieren, diese Probleme gäbe es alle nicht. In der Sendung Hauptsache Gesund (MDR, 07.08.14) mit dem Thema "Krank ohne Befund" wird festgestellt, daß es viele Erkrankungen gäbe, die nicht so leicht zu diagnostizieren wären. Es gibt ein Zentrum für unerkannte Krankheiten in Marburg (Uniklinik). Prof. Jürgen Schäfer führt dieses Zentrum und spricht von einem erschreckend großen Andrang Hilfesuchender. In Deutschland würden hier offensichtlich Versorgungsprobleme herrschen, weil Anlaufstellen für solche Patienten fehlen. Er empfiehlt, Unikliniken aufzusuchen. Das Krankheiten absichtlich nicht festgestellt werden etc., wird in dieser Sendung nicht ersichtlich.
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Auch in der Sendung "hart aber fair" (WDR, 25.10.06) kommt von einer Ärztin
zur Sprache, daß die Budgetierung bei gesetzlich Krankenversicherten nicht kostendeckend
ist. Z.B. ist die Physiotherapie seit neuesten auch gedeckelt und alles was sie darüber
hinaus verordnet, wird ihr als Ärztin abgezogen. Insgesamt wird in der Sendung auch durch
die Buchautorin und Feststellungen von Patienten eine unvertretbare Begrenzung schon
einfachster Heilmaßnahmen deutlich. Selbst mit noch vertretbaren Mitteln heilbare
Patienten werden offenkundig ihrem Schicksal (auch Tod) überlassen. Die Patienten werden
gegenüber früher häufig von den Ärzten über ihren Gesundheitszustand nicht mehr
informiert.
Anmerkung: Das dürfte mit der Absicht der Nichtnachweisbarkeit beim Rentenversicherer
oder Sozialgericht zusammenhängen. Die Schicksalsmethode gilt sogar schon für normale,
aber chronisch Kranke, die leicht behandelbar wären, aber dauerhaft geringe Kosten
verursachen. Das gilt insbesondere dann, wenn Invalidenrente gezahlt werden müßte.
In der Sendung "exakt" vom 22.11.05 (MDR) wurde folgender Sachverhalt
geschildert:
Selbst einfache Handgriffe sind für Christine Weida ein Problem. Die 53-Jährige ist
herzkrank, leidet unter chronischem Asthma, massiven Rückenbeschwerden,
Gleichgewichtsstörungen und, und, und ihre Ärzte nennen das multipel chronisch
krank.
Sie war bis 2003 erwerbsunfähig geschrieben, erhielt eine monatlich Rente von rund 600
Euro.
Die LVA erklärt Christine Weida kurzerhand für arbeitsfähig. Mit dem vorhandenen
Leistungsvermögen können auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten vollschichtig
ausgeübt werden.
Ihr Ehemann: Das Gutachten ist eine einzige Phrase, das stimmt vorne und hinten nicht. Das
hat die LVA gar nicht für voll genommen.
Aus Sicht der Arbeitsagentur ist die kranke Frau überhaupt nicht vermittelbar und als
Beleg gibt es sogar ein eigenes medizinisches Gutachten, erklärt Teamleiterin Bernadette
Merold.
Für die Weidas ist das ein Verlust von ca. 400 Euro gegenüber der ursprünglichen
Rentenleistung. Die stehe ihr nicht mehr zu, meint der Versicherer und begründet das so:
Als es 2003 mit dem Laufen gar nicht mehr ging, hätte Christine Weida schließlich eine
Knieprothese bekommen. Damit habe sich ihr Zustand zumindest aus orthopädischer Sicht
verbessert.
Andreas Walther: Grundlage für eine Erwerbsminderungsgewährung sind natürlich das
Vorliegen von entsprechenden medizinischen Beeinträchtigungen und diese wurden in
mehreren Gutachten überprüft und aufgrund der Entscheidung der Gutachter bleibt uns hier
keine andere Wahl, als beim entsprechenden vorliegenden Leistungsvermögen von Frau Weida
die Rente abzulehnen. Die Rentenversicherer berufen sich dabei auch auf verschärfte
Gesetze, die im Zuge der Rentenreform 2001 eingeführt wurden. Ein Punkt: Die
Arbeitsmarktsituation wird nicht mehr berücksichtigt - wer theoretisch über drei Stunden
am Tag irgendeine Tätigkeit machen könnte, hat keinen Anspruch mehr auf die volle
Erwerbsminderungsrente.
Ralph Beckert, Leiter der Rechtsabteilung VdK Sachsen:
Aus Sicht des sächsischen Sozialverbandes VdK wurde mit der Gesetzgebung Tor und Tür
geöffnet, um schwerkranke Menschen für arbeitsfähig zu erklären sie damit als
Kostenfaktor los zu werden. Weil die Kassen klamm sind und es immer enger wird mit den
Finanzmitteln, ist die Reform 2001 eine Möglichkeit gewesen, den Anspruch oder die Hürde
für einen Anspruch so hoch zu legen, dass die Verwaltung sich hinter diesem Gesetz leicht
verstecken kann, und sagen kann: Du hast keinen Anspruch, weil du eben auf dem
Arbeitsmarkt jede Arbeit irgendwo machen kannst. (Diese Verbände sind sonst idR
staatstreu.)
Inzwischen haben es die Weidas von der Rentenversicherung sogar schriftlich bekommen,
mit welchen Einschränkungen Christine Weida durchaus arbeiten könne. Da heißt es unter
anderem: "kein Gehen auf unebenen Böden, keinen Zeitdruck, keine besonderen
geistigen oder seelischen Beanspruchungen und, und, und sage und schreibe über 20
Ausschlusskriterien."
Bernhard Weida hat dafür nur bitteren Spott übrig.
Das ist so geschrieben, als ob meine Frau noch im Liegen arbeiten könnte. Was sie nicht
darf, ist alles Bewegung. Sie darf nicht gehen, nicht stehen, nicht sitzen, da ist nur
Liegen übrig.
Offizielle Zahlen, wie viel Betroffene deutschlandweit von den Rentenkassen ins ALG II
geschoben wurden, existieren nicht. Doch die regionalen Erfahrungen belegen eine
eindeutige Tendenz.
Ralph Beckert (VDK Sachsen): Alleine ausgehend von den Verfahren, die wir im Hause
führen, können wir sagen, dass von ca. 200 Rentenverfahren, 50 Prozent alleine davon
schon in diesen Verschiebebahnhof rein fallen, von der Rentenversicherung hin zur
Arbeitslosenversicherung.
Anmerkung:
An sich sollte es in einer Demokratie nicht gängige Praxis sein, daß ärztliche
Gutachten entgegen den Tatsachen ausfallen. O.g. Gutachten wird zwar, weil es übliche
Methode ist, einige eingeschränkte Merkmale als Inhalt haben, aber zum Schluß und
unrichtig zu einer Arbeitsfähigkeit des Kranken gekommen sein. Das funktioniert aufgrund
einer Allianz der Rentenanstalten, Gutachter und Gerichte. Soll heißen, die vom Gericht
bestellten Gutachter, zumeist Chefärzte von Kliniken, sind in die staatlichen Umstände
involviert und erstellen demgemäß die Gutachten. Andere sachbezogene Ärzte zur
Erstellung eines eigenständigen Gutachtens findet der Betroffene kaum noch. Selbst der
behandelnde Arzt gibt entweder keinen oder einen abgeschwächten Befund ab. Die Sache geht
soweit, daß die Betroffenen nicht mehr angemessen versorgt werden, weil diese Versorgung
die Schwere der Erkrankung sichtbar machen und als gerichtlicher Nachweis dienen würde.
Der behandelnde Arzt weiß also um die Erkrankung, behandelt sie aber nicht.
Die Art der medizinischen Betreuung und der Feststellung, ob Nichtarbeitsfähigkeit vorliegt, ist grundrechtlich untragbar. Zum einen können wegen fehlender Vorbeugung und Heilung schwere gesundheitliche Folgen auftreten und zum anderen bestünden schwere Eingriffe in Persönlichkeits- und Familienrechte. Es wird nämlich dem Ehepartner, der Verwandtschaft und der Bekanntschaft zugemutet, von selbst darauf zu kommen, daß der Betroffene in Wirklichkeit nicht mehr arbeitsfähig ist. Das geschieht selten und der Betroffene wird zum Simulanten abgestempelt und sogar ausgegrenzt.
Eine Fürsorgepflicht des Staates für Invalidität muß es ohnehin schon aus dem Grunde der beruflich und umweltbedingten Erkrankungen geben. Denn so entstünde nämlich ein automatischer Zwang an den Staat, diese Krankheitsursachen zu bekämpfen.
Ähnlich sieht die Logik bei Arbeitslosigkeit und Partnerschaft aus. Unbestritten ist, daß weitgehendst der Arbeitslose in der Familie vom anderen mit versorgt werden sollte. Doch in der Praxis geht man da familienpolitisch etwas zu weit, wenn es dazu führt, daß sich Partnerschaften nicht mehr bilden können, weil befürchtet werden muß, als eheähnliche Gemeinschaft angesehen zu werden. Hierzu muß es klare Trennungsregeln und eine konsequente Justiz geben. Auch die Kopplung des ALG an das Verhältnis zwischen Arbeitslosenquote und Wirtschaftskraft ist angezeigt, weil der Arbeitslose idR seine Arbeitslosigkeit nicht selbst verschuldet hat. Leistungs- und familienpolitisch ist es zudem nur sinnig, das ALG an erbrachte Leistungen des Betroffenen und sein Alter anzuknüpfen.
In der Sendung "Frontal 21" (10.04.07, ZDF) kommen eu-Rentner nicht ganz unberechtigt zu dem Schluß, daß behördliche und gerichtliche Entscheidungsverzögerungen bei Einwänden wegen zu wenig gezahlter Rente nur dem Zweck dienen, der Betroffene möge zuvor gestorben sein, so daß eine Nachzahlung entfällt. Mittlerweile hat aber Regierung und Parlament eine neue und zwar gesetzliche Lösung präsentiert, nämlich im § 100 des Gesetzes zur Rente mit 67, daß keine Pflicht zur Nachzahlung bestehe, auch wenn die Rentenversicherung falsch gerechnet und zu wenig Geld gezahlt habe. Adolf Bauer (Präsident Sozialverband Deutschland) nennt das einen politischen Skandal, wenn man höchstrichterlich Recht bekommen hat, muß man davon ausgehen, daß der Rentenversicherungsträger dieses Urteil umsetzt. Die offizielle Begründung Münteferings, man wolle die Rentenkasse und die Solidargemeinschaft schonen, ist an den Haaren herbeigezogen und rechtsstaatswidrig.
Ein Insider, Dr. Werner Bartens, Arzt und Journalist erzählt in seinem Buch "Das
Ärztehasserbuch" so einiges über Arztverhalten und Gutachtenerstellung (J.B.Kerner,
ZDF, 22.05.07). Der Vorsitzende des Ärzteverbandes "Hartmannbund" Dr. Kuno Winn
meinte, er glaube den Ausführungen des Werner Bartens nicht, weil er sich überhaupt
nicht vorstellen könne, daß ein Patient einen Arzt oder umgekehrt haßt.
Z.B. würden nach einigen Jahren aus idealistischen Studenten zynische Ärzte, "Es
ist eine Art der seltsamen Verrohung die angehende Doktoren durchmachen.".
Überforderung und ökonomische Fragen seien u.a. schuld. Dann gäbe es eine Geheimsprache
unter den Ärzten, die die Patienten absichtlich im Unklaren über ihre tatsächliche
Krankheit läßt. Herr Winn konnte nicht ausschließen, daß es soetwas bei einzelnen
Ärzten gibt. So gäbe es auch den Begriff maligne Logorrhoe - Der Patient redet viel-
dies kenne jeder Arzt (Herr Winn: Einzelfälle).
Nachfolgender Auszug stammt aus einem Befundbericht des ärztlichen Dienstes eines
Arbeitsamtes, bei dem der Patient in seiner Psyche als geschwätzig (Logorrhoe) bewertet
wird, obwohl dieser Patient tatsächliche Beschwerden hatte und nicht mehr arbeitsfähig
war, viele aufgesuchte Ärzte ihm, nunmehr offenkundig, absichtlich nicht helfen wollten
und er deshalb ausführlich die Krankheitssymptome beschrieb und dessen Ursachen erfragen
wollte. Der Patient hatte letztlich so und mittels Literatur etc. in Erfahrung bringen
können, daß er an einer gesamtkörperlich wirkenden entzündlichen Erkrankung leidet,
die alle Organe mehr oder weniger befallen hat, Folgeschäden bereits eingetreten waren
und unbehandelt zu noch schwereren Gesundheitsstörungen mit operativen Eingriffen
geführt hätte.
Demnächst soll eine Gesundheitskarte eingeführt werden (frontal 21, 20.11.07, ZDF), wonach dann alle ärztlichen Abwicklungen, Befunde usw. auf der Karte gespeichert werden. Das befürwortete der Moderator sicher aus dem Grund, daß dann die Ärzte sich nicht mehr so unendlich bereichern können. Es gibt aber zum einen den Nachteil, den Patienten selbst wieder auszuschließen, der auch Kenntnis von den Befunden haben möchte und nicht nur mündlich vom Arzt. Es bedarf also eines jederzeitigen und unbedingten Einsichtsrechts des Patienten auf den Inhalt der Karte. Die Aushändigung von Befunden wird von den Ärzten aktuell schon häufiger verweigert. Mit dem Einsichtsrecht haben wir aber noch nicht alle Probleme gelöst. Zum einen ergibt eine vorgenommene Untersuchung nicht immer ein sicheres Ergebnis und bedarf der Wiederholung. Die würde aus Kostengründen oder aus Verschleierungsgründen kein zweites Mal gewährt. Damit wäre der Patient, z.B. bei Rentenansprüchen schlechter gestellt, denn er kann nicht mehr über einen zweiten Arzt einen weiteren Befund erstellen lassen, weil dieser Arzt aufgrund des Inhalts der Gesundheitskarte eine weitere Untersuchung nicht mehr will oder vornehmen darf.
Zum Thema "unnötige Operationen" (Odysso, SR, 22.01.08) werden jährlich ca.
62000 Amputationen durchgeführt und davon ca. 40000 bei Diabetikern. Prof Spraul
(Diabetologe, Mathias-Spital Rheine) meint, bis zu 50 % davon seien vermeidbar durch
entsprechende Vorsorge und gute Behandlung. Um den diabetischen Fuß würden sich Ärzte
nur wenig kümmern, es wäre zufalls- und kostenabhängig.
Auch sonst würden Patienten unnötig dem Skalpell zum Opfer fallen. Mit der Einführung
der Schlüssellochchirurgie Anfang der 90er Jahre seien die Operationen sprunghaft (um 50
%) angestiegen, zudem könne jeder Chirurg selbst mit wenig Erfahrung komplizierteste
Operationen durchführen.
Für einen ehemaligen Chefarzt Dr. Frank König (Buch "Ein Chefarzt klagt an"),
der in einer Reha-Klinik tätig war, besteht keine Anstellungsmöglichkeit mehr in
Deutschland. Er meint, in deutschen Kliniken steht zunehmend nicht mehr das Patientenwohl,
sondern das Kasse machen im Vordergrund. In seiner Klinik mußten um den Preis der
Bettenauslastung Patienten betreut werden (z.B. Chemo-Therapie), für die das notwendige
Fachpersonal (internistische Fachkompetenz) nicht vorhanden war.
Ein Prof. Gerd Glaeske (Mitglied im Sachverständigenrat für Gesundheitsfragen, Uni
Bremen) hat hingegen den Eindruck, daß die Krankenhäuser vernünftig arbeiten, aber es
bei dem neuen Entgeltsystem Krankenhäuser gibt, die verlieren und welche die gewinnen.
Doch das würde sich in 5- 10 Jahren bereinigt haben.
Ein Dr. Gerhard Schell (Psychiater), ebenfalls Aussteiger, demonstriert am Beispiel der
Medikamente, daß gerade bei psychischen Leiden teure Präparate notwendig seien, doch auf
Kosten des Betroffenen wird allzuoft gespart (Medikamenten-Budget). Das billigere
Medikament habe hingegen mehr Nebenwirkungen.
In einer weiteren Sendung (SR, 12.03.08) wird davon berichtet, daß die Pharmaindustrie
zum einen bei Selbsthilfegruppen Unterwanderung betreibt oder eigene Selbsthilfegruppen
ins Leben ruft, um mit Hilfe dieser Vereine ihre Medikamente zu vermarkten. Ärzte
verschreiben besondere Medikamente, wobei dessen Wirkungen gegen Bezahlung an die
Pharmaríndustrie weitergegeben werden. All das birgt in sich vor allem das Risiko einer
Falschberatung und Falschbehandlung, wobei gesundheitlich nachteilige Folgen zwangsläufig
nicht ausbleiben können.
Aus einem Beitrag zu Arztfehlern (Die große Reportage, RTL, 16.03.08) können wir
ersehen (hier: inkomplette Querschnittslähmung), wie rechtlich professionell sich Ärzte
ihrer Verantwortung entziehen. Verfahrensrechtlich gesehen, sind dann Gutachter
verpflichtet, die Schuldfrage zu beantworten. Doch hier erleben wir wiederum
Schwierigkeiten. Eine Rechtsanwältin Daniela Fox sagt, man müsse zunächst einmal die
ganzen Gutachten durch die Blume lesen, weil Andeutungen drin sind, also nicht konkret
gesagt wird, der Kollege habe vielleicht einen Fehler gemacht, aber Formulierungen da
sind, wo man halt was draus schließen kann und das man da halt ansetzt (rechtlich
vorgeht).
Dieser Umstand müßte den Gesetzgeber auf den Plan rufen, weil doch das Gutachten ein
prozessual klar geregeltes Beweismittel ist. Dem wird aber das Verhalten der Gutachter
nicht gerecht. Und das von der Anwältin genannte Ansetzen kann, neben der Beantragung
eines zustimmungspflichtigen (Richter) weiteren Gutachters (Obergutachten), nur noch darin
bestehen, daß die Behörde (eu-Sachen u.ä.) oder das Gericht sich über die (negierende)
Hauptaussage des Gutachters zum schuldhaften Verhalten (oder der Erkrankung bei
eu-Sachen), die er im Gutachten zu treffen hat, hinwegsetzt. Das ist prozessual nur im
begründeten Ausnahmefall zulässig, hängt dann aber zudem vom Wohlwollen (Art des
Klägers, seine Finanzkraft etc.) des Gerichts ab, weil es die medizinische Fachkompetenz
in aller Regel nicht hat. Der prozessuale Grundgedanke zum Beweisrecht wird hier deutlich
unterlaufen.
Auf die Frage von Escher (MDR, 05.06.08), warum das so sei, daß ein Betroffener geschlagene 14 Jahre um sein Recht kämpft, meint Rechtsanwalt Michael Baczko, um eine Rente zu bekommen, muß eine Minderung der Erwerbsfähigkeit per Gutachten festgestellt werden. Und da beginne das Problem. Man hat den Eindruck, die Gutachten werden solange erstellt, bis ein für die Versicherung günstiges Ergebnis herauskommt. Der Versicherte hat nun die Beweislast, er muß nun beweisen, daß es schlimmer ist, weshalb sich das Verfahren so in die Länge zieht. Die Versicherung habe ein Sonderrecht. Sie bestimmt, welcher Arzt und Krankenhaus die Behandlung vornimmt und bezahlt die Gutachter. Das fatale ist nun, sowohl die Gutachter, die vor Gericht die Gutachten erstellen und auch außergerichtlich werden von der Versicherung bezahlt und sind deshalb finanziell abhängig. Er habe Nachweise, daß Richter und Versicherungen Einfluß auf die Gutachter nehmen und die wiederum passen ihre Gutachten entsprechend an.
Bei 7 % (Tendenz fallend) angezeigter Berufsschadensfälle wird eine Rente ausgezahlt (Exakt, MDR, 28.10.08). Ein Rechtsanwalt Spickschen, der lange Zeit beim Bundesdatenschutzbeauftragten für die Unfallversicherer zuständig war, kritisiert, die Gutachten der Kassen stammten zumeißt von Beratungsärzten, die vertraglich mit ihren Kassen oder ihren Spitzenverbänden zusammenarbeiten. Nach dem Motto, wes Brot ich es, des Lied ich sing, so fallen dann auch die Ergebnisse in der Regel aus. Die ganze Intention des Beratungsarztsystems bestehe darin, die Berufsgenossenschaften und die gesetzliche Unfallversicherung letztlich freizuhalten von Rentenzahlungen an Berufskranke und Unfallverletzte. Mit jedem Tag mit dem eine gesetzliche Klarstellung verzögert wird, bereitet man den Boden für weiteres zigtausendfaches Unrecht in der nächsten Zeit.
Ähnlich wie in den Rentensachen verhält es sich auch bei Ansprüchen aus dem
Opferentschädigungsgesetz (Fakt, ARD, 02.02.09). Der achtjährige Sohn einer Mutter
verschwindet und wird später mißbraucht und ermordet wiedergefunden. Die Mutter erleidet
dadurch eine psychische Erkrankung, die ihr die weitere Ausübung des Berufes unmöglich
macht. Ihr Antrag auf Entschädigung liegt 1 1/2 Jahre bei der Behörde und wird dann
abgelehnt. Ein Gutachter befindet, die Mutter habe durch die Ermordung des Kindes keine
bleibende Störung erlitten. Nach weiteren 6 Monaten wird dann doch eine 40 %-ige
Behinderung festgestellt. In einem anderen Fall meint die Sozialdezernentin
Hoffmann-Badache, die Mitarbeiter arbeiten mit Hochdruck daran, diese Fälle korrekt und
richtig zu bearbeiten. Sie müßten sich aber auch an die gesetzlichen Bestimmungen
halten. Nach einer dann eingereichten Beschwerde wird dieser Familie eine Entschädigung
bewilligt. Aufgrund der Beschwerde sei der Fall beschleunigt bearbeitet worden. Auf die
Nachfrage hin, ob da etwas nicht stimme, wenn die Opfer erst um die Entschädigung
kämpfen müssen, sagt die Sozialdezernentin etwas gequält, wenn es so wäre, dann
müßten wir unsere Aufgaben sicherlich überprüfen.
Tatsächlich arbeiten die Versorgungsämter nach dem gleichen Motto, wie bei den Renten
und zwar sparen auf Teufel komm raus und entgegen der Gesetze. ZB. ist ein Opfer bei der
Entschädigung meißt chancenlos, wenn es sich gewehrt hatte (Notwehr), denn das wird als
provozierend umgedeutet. Das Gesetz sieht in diesem Fall keine Entschädigung vor.
Dann gibt es noch das Problem falscher Rentenbescheide vieler Tausender
(Report, ARD, 05.10.09, u.a.). Z.B. wurde ein Bürger (ca. 30 Jahre alt) 1986 nach einem
Unfall sehr krank und arbeitunfähig. Er stellte einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente,
der abgelehnt wurde. Auch 2 weitere Anträge blieben aussichtslos, weshalb der Bürger
seither nur von Sozialhilfe lebte. Ob er den Gerichtsweg einschlug, wurde nicht genannt.
Vor einem Jahr stellte er nach langer Pause doch noch mal einen Antrag und plötzlich
weist der Rentenbescheid einen Anspruch auf Rente seit 1986 aus und es werden Fehler
zugestanden. Der Rententräger teilt aber auch mit, daß nur 4 Jahre nachgezahlt werden,
weil der Rest verjährt sei. Nach Olaf Scholz (SPD, Bundesarbeits- und sozialminister)
seien die Fehler bei tausenden Bescheiden herausgekommen durch eine Nachkontrolle des
Versicherungsamtes. Die Problematik der Verjährung bei von der Behörde verursachten
Fehlern und Beratungsfehlern (Abhalten von Antragstellung, falsche Antragsforderung) wurde
in der Sendung erörtert und von Prof. Meyer (BSG) als nicht vereinbar mit dem Sinn und
Zweck des geltenden Rechts angesehen.
Allerdings ist hier auch zu überprüfen, ob in solchen Fällen ein Staatshaftungsanspruch
greifen könnte. Das hängt von der Art der Rechtswidrigkeit der Bescheide (inkl.
Urteile), der Art der Fehler und von Verjährungsfristen in solchen Fällen ab. Die
Sorgfalt der Rententräger bedarf eines hohen Maßes, um Fälle, wie beim o.g. Bürger,
nämlich die Zumutung, über Jahrzehnte Sozialhilfeempfänger sein zu müssen,
auszuschließen. Tatsächlich wird es aber kein Sorgfaltsproblem, sondern ein Kosten- und
damit ein Vorsatzproblem gewesen sein.
In einem anderen Fall hatte eine Frau eu-Rente wegen schwerster
Krebserkrankung beantragt, auf den nach 5 Jahren trotz Sozialgerichtsverfahren noch kein
Bescheid erging (Escher, MDR, 21.01.10). Erkrankt war sie bereits 1999 an Brustkrebs. Sie
wurde später kraftlos und hatte massive Ausfallerscheinungen im Bewegungsapparat und
Sehstörungen. Die Ärzte finden keine Erklärung. Die Gutachter hätten sich teilweise
widersprochen, sagt Herr Walther (Deutsche Rentenversicherung) und damit ein
Gerichtsproblem. Die Rentenversicherung stellte fest, sie sei noch in der Lage, leichte
Arbeiten mindestens 6 Stunden/Tag verrichten zu können. Ihr RA Plandor meint, der Fall
wurde formal abgehandelt. Es sei eine Entmenschlichung des gesamten Rentenverfahrens. Es
zähle nur noch die Akte und es soll offenkundig von Entscheidungen, die einmal nach
Aktenlage getroffen wurden, nicht mehr abgewichen werden. Erst im Jahr 2007 stellte man
trotz vieler vorausgegangener Gutachten etc. die Krankheit Borreliose bei ihr fest.
Zunächst lehnt die Rentenversicherung weiter ab, bis nach einem Jahr ein Gutachter die
Arbeitsunfähigkeit feststellt. Ende 2009 wird die Rentenversicherung durch das
Sozialgericht zur Zahlung ab 2004 verurteilt. Die Rentenversicherung wollte offenkundig in
Berufung gehen, weil sie das Urteil im Interesse aller Versicherten zu überprüfen
beabsichtigte. Doch die in Hilfenahme des Fernsehens hat sie offenbar zum Umdenken bewegt,
und Monatszahlungen ab 1/2010 eingeleitet. Mit der Nachzahlung sei in einigen Monaten zu
rechnen.
Ein Fehler war es, daß die Frau mitgeteilt hatte, die Krebssituation würde sich wieder
verschlechtern (Metastasen, körperliches Befinden), denn das verleitet den Rententräger
dazu, die Sache hinauszuschieben, damit evtl. der Tod einer Zahlung vorauseilt.
Die 3 Fälle stellen nur die Spitze des Eisbergs schädigenden Verhaltens von Ärzten an
ihren Patienten dar. Deutsches Recht läßt vor allem für Angehörige so gut wie keinen
Spielraum, die Todesursache des Patienten ermitteln zu können und die Staatsanwaltschaft
ermittelt nur bei einem Anfangsverdacht oder tut nur so gegenüber den Betroffenen, daß
sie ermitteln. Unter Berücksichtigung der mangelhaften und vertuschenden praktischen
Arbeit von Staatsanwälten und Richtern kommen so selbst Morde nicht ans Tageslicht. Im
letzteren Fall hatte Deutschland die Auslieferung des Dieter K. an Frankreich verweigert.
Im Übrigen fallen unter diese Behandlungsfehler auch die Fälle, die strafrechtlichen
Hintergrund haben, also fahrlässig oder vorsätzlich begangen wurden.
In der Sendung Report (ARD, 25.09.12) wird von häufigen Fällen der
Fälschung von Krankenunterlagen berichtet, um ärztliche Fehlbehandlungen zu vertuschen.
Das erschwert den geschädigten Patienten trotz des neuen Patientenrechtegesetzes, zu
ihrem Recht zu kommen.
Was nicht erwähnt wurde, ist, daß auch Krankenunterlagen manipuliert werden, z.B. wenn
ein operativer Eingriff etc. wegen eines zu hohen Blutwerts mit hoher Wahrscheinlichkeit
Folgeschäden erwarten läßt (Bsp: hoher Kreatininwert wird auf Normalwert gefälscht,
intravenöse Schmerzbehandlung, hohe Wahrscheinlichkeit eines Nierenversagen).
In einem Kampf mit der Behörde befinden sich Antragsteller auf
Erwerbsunfähigkeitsrente, deren Antrag nicht bewilligt wurde (Escher, MDR, 12.05.11). Und
das Vorgehen dieser Behörden sei häufig garnicht nachvollziehbar. Z.B. wurde von der
Rentenversicherung der Leistungsfall willkürlich in einen Zeitpunkt hineinverlegt, so
daß die Antragstellerin zum damaligen Zeitpunkt die nötigen Vorversicherungszeiten noch
nicht erfüllt hatte. Eine andere Antragstellerin hatte nach einer Lebertransplantation
ihre Leistungsfähigkeit verloren, was das Arbeitsamt auch bestätigte. Die
Rentenversicherung behauptet jedoch die Leistungsfähigkeit. Auch das Sozialgericht
stellte eine Leistungsfähigkeit von mindestens 6 Stunden fest, was 2 Ärzte vor Gericht
begutachtet hatten. Ihr Hausarzt (Facharzt Innere Medizin), der vor Gericht nicht gehört
wurde, meint, aus dem Verlauf der Erkrankung und dem körperlichen und geistigen Zustand
der Patientin kann er sich nicht vorstellen, daß sie länger als 1 1/2 - 2 Stunden
leichteste Tätigkeiten ausführen kann. 6 Stunden seien vollkommen unrealistisch.
Ein interviewter sozialmedizinischer Gutachter Dr. Dieter Schneider hält fest, man müsse
schon sagen, daß die Gutachten, die im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung von den
Ärzten erstellt werden, eigentlich korrekt sind. Natürlich gäbe es immer mal Ausnahmen,
daß Informationen fehlen oder das einzelne Bewertungen nicht ganz korrekt seien. Diese
Auffassung geht vollständig an der Realität vorbei, denn es ist die Ausnahme, daß
Gutachten korrekt sind.
Auf Anfrage der Redaktion bei der Rentenversicherung zu beiden Fällen, verwies diese
allein auf die Sozialgerichte (an die eiskalten Richter). Auch diese Antwort entspricht
nicht den Pflichten der Rentenversicherung. Wenn die Rentenversicherung auch während
eines Gerichtsverfahrens zu der Erkenntnis gelangt, daß ein Rentenanspruch besteht, kann
sie zu jeder Zeit die Rente aussprechen, indem sie ein Anerkenntnis/Vergleichsvorschlag
vor Gericht macht.
Auch die Unfallkasse (Dresden) tut sich schwer bei der sachlichen
Bewertung einer Unfallursache (Escher. MDR, 04.10.12). Eine junge Frau stürzt ein erstes
Mal im Sportunterricht, dann in der Schule, zuhause und ein letztes Mal in der Ausbildung.
Nach dem ersten Mal hatte sie eine permanente Instabilität festgestellt und das
Gefühllosigkeit manchmal vorliegt. Es hat sich infolge eine Fehlstellung des Fußes
entwickelt. Der erste Unfall war anstandslos anerkannt worden und die weiteren Unfälle
als Folgeschäden. Eine Unfallrente wurde aber abgelehnt. Infolge wurden mehrere Gutachten
erstellt. Für Ihren Rechtsanwalt Hammer ist der Fall nicht außergewöhnlich, sondern
exemplarisch bzgl. des Verhaltens der Versicherer. Es lägen viele Gutachten vor, die für
den Rentenanspruch sprechen. Der Versicherer habe aber solange Gutachten eingeholt, bis
das Ergebnis gepaßt hat, nämlich das der jetzige Krankheitszustand auf den Unfall im
Privatbereich zurückzuführen sei und damit ein Anspruch der Frau nicht vorliegt. Die
Unfallkasse erklärt dazu, dieses Gutachten sei schlüssig.
In einem anderen Fall wird von der Unfallkasse eine beruflich bedingte
Vor-(Verschleiß-)erkrankung unterstellt. Ein Sehnenriss komme bei solchen, wie dem hier
maßgeblichen Sturz, nicht zustande. Die Entscheidung beruhe auf der sorgfältigen
Auswertung der vorliegenden medizinischen Befunde, insbesondere des OP-Berichtes der
Klinik in Merseburg. Sein Hausarzt kann diese Entscheidung garnicht nachvollziehen, weil
ein schon früher erstelltes MRT vorliegt, in dem keine Schädigung befundet wurde. (Was
in dem OP-Bericht stand und eine Auswertung desselben wäre noch darlegungswert gewesen.)
Der zweite Fall ist sicherlich rechtlich etwas verzwickter, aber der erste Fall macht die
gängige Praxis der Versicherer deutlich. ZB. auch der schwere klinische Behandlungsfehler
bei einer Frau, die dadurch vom Hals an gelähmt wurde (Escher, MDR, 27.09.12).
Hier, wie in anderen behördlichen und behördenähnlichen Bereichen, sowie in
Staatshaftungssachen finden wir diese Scheinheiligkeit. Sie ist deshalb scheinheilig, weil
die Herrschaften bereits wissen, daß Ihnen die Richterschaft weitgehendst zur Seite
stehen wird. Der einfache Bürger ist somit zwangsläufig chancenlos. So darf ein
demokratischer Staat nicht funktionieren.
Dieselbe Fallkonstellation haben wir auch bei Werktätigen, die ihren Job nicht bis zur
Rente ausüben können. In den RTL-Nachrichten (04.11.17) wurde für den Abschluß einer
Berufsunfähigkeitsversicherung geworben. Hierzu meinte Herr Tenhagen (Chefredakteur
Finanztip), eigentlich sollte jeder eine solche Versicherung abschließen, weil sie für
solche Fälle eine Absicherung sei. Das größte Risioko sei, daß man bei
Versicherungsabschluß Vorerkrankungen nicht angegeben habe.
Dem Herrn Tenhagen müßte bei seinem Job eigentlich aufgefallen sein, daß an der
Verhinderung der Feststellung einer Berufsunfähigkeit neben den Versicherern und Richtern
insbesondere die Gutachter, aber auch viele Radiologen und Ärzte beteiligt sind.
Was sollen solche Scheingesetze, wenn die Rentenversicherungen massenhaft berechtigte
eu-Ansprüche Betroffener abwehren. Da es bei derartigen Fällen statistisch unmöglich
ist, daß der Wert der Antragsablehnungen seit 20 Jahren immer nur im Bereich von 42 - 45
% liegt, kann nur geschlußfolgert werden, daß diese Prozentzahlen von der Regierung
vorgegeben werden. Daß alle Abgelehnten Scheinanträge gestellt haben könnten, kann man
ausschließen. Das liegt in der Natur der Sache und wäre höchst unwahrscheinlich. Es hat
also zur Folge, daß die Abgelehnten sich mit Sozialhilfe oder ALG II begnügen müssen
oder gar selbst solche Zahlungen verweigert werden, weil sie angeblich arbeitsfähig sind,
sie sich mit den Behörden und Gerichten herumschlagen müssen und sogar im Bekanntenkreis
als Simulanten angesehen werden. Bei einem gleichzeitigen Behindertenzustand kann es sogar
passieren, daß dem Betroffenen wegen der falschen Vorgutachten nicht die notwendige Hilfe
zugesprochen wird; ein typischer Fall einer Menschenwürdeverletzung. Die Regierung und
behandelnden Ärzte sowie medizinischen Gutachter, die hier bewußt zusammenwirken, werden
hier in fataler Weise ihrer eigentlichen Aufgabe nicht gerecht. Da die Linken erst am
05.07.21 eine kleine Anfrage diesbzgl. stellten, muß dieses Thema an der Opposition seit
Jahren völlig vorbeigegangen sein.
Um so erstaunlicher wird es, wenn von knapp 150000 Verdachtsmeldungen auf eine
Berufskrankheit wegen LongCovid 19 davon 62 % anerkannt wurden (Exakt, MDR, 04.08.21). Das
ist deshalb ungewöhnlich, weil für LongCovid 19 offenbar keine belastbaren
Laboruntersuchungen etc. ermittelbar sind, denn Frau Prof. Scheibenbogen (Charite Berlin)
sprach nur von wahrscheinlichen Ursachen für LongCovid (Report, Das Erste, 14.07.20).
Andere Mediziner sprachen vom Vorliegen einer Systemerkrankung (also immunologisch
bedingt) ohne Untersuchungsergebnisse zu benennen. Allein eine physikalische Untersuchung
ergab rote Blutkörperchen, die sich nicht genügend schlank machen können, was
Durchblutungsstörungen verursacht, die demnach aber anatomisch nicht feststellbar sind.
Das könnte eine autoimmunen hämolytische Anämie als Ursache haben. Aber auch hierfür
müßten Blutwerte anschlagen.
Es ist aber so, daß Rentenversicherer, Gutachter und Richter niemanden für
berufsunfähig erklären, für den keine belastbaren Labordaten (hinreichend positive
Laborbefunde) vorliegen.
In der Doku "Operiert und Abkassiert" (tagesschau24, 27.03.22) wird über nicht
seltene unnötige OP´s berichtet, die auch manchmal die Patienten erst richtig krank
machen bis hin zum Tode. Als Schwerpunkt für das Problem wurde die Fallpauschale genannt,
die halt OP´s besser honorieren. Nebenbei wurde Profitstreben erwähnt und daß Fälle,
die für große Kliniken nicht attraktiv seien, in kleine Kliniken weiter verlegt würden.
Für die kleinen Kliniken gilt, je mehr Patienten, um so besser. Viele Ärzte tragen
entgegen ihrem Eid dieses System mit.
Daraus ergäbe sich also zum einen, daß große Kliniken nur Profit machen wollen und
kleine Kliniken wenig Geld erwirtschaften. Ein Politiker der CDU sah das auch so, aber
nicht akut. Ob letzteres auch an dem Fallpauschale-System liegt, wurde nicht genannt. Wenn
die Politiker von dem Problem wissen, fragt sich, warum sie nicht sofort reagieren und
weiterhin unnötigte Geschädigte in Kauf nehmen. Dazu müßte man endlich auch den
Richtern, Rechtsanwälten und Gutachtern klar machen, daß sie solche Sachen nach Recht
und Gesetz behandeln müssen, um so den Patienten eine unbeschwerte Inanspruchnahme der
Gerichte zu ermöglichen und der Profitgier der Kliniken ein Ende setzen.
In der Doku "Wenn die Versicherung nicht zahlt" (tagesschau24, 01.05.22) wurde
davon berichtet, wie sich Versicherungen schon dreist weigern, Ansprüche aus der
Berufsunfähigkeitsversicherung anzuerkennen.