HAUS RISSEN
Internationales Institut für Politik und Wirtschaft
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Im Einparteienstaat oder Demokratie als Fassade
Haus Rissen

In den letzten dreißig Jahren wurde Deutschland schon durch eine informelle
große Koalition regiert. Die Volksparteien haben unter sich die Posten und
Privilegien des Systems aufgeteilt. Wahlen konnten an diesem Kartell der
Macht nichts ändern. Eine grundlegende Reform kann es nicht geben, da eine
Änderung der Institutionen nicht im Eigeninteresse der beiden großen
Parteien liegt. Im Grund leben wir schon seit langem in einem
Einparteienstaat. Bislang hat es nur niemand bemerkt - dies beschreibt
unsere Aktuelle Analyse Nr. 143.

Aktuelle Analyse Nr. 143 (Redaktion Michael Gwosdz)

Wem verdanken wir den Kollaps der Sozialsysteme? Wer hat Schuld an der
Explosion der Staatsschulden? Auf wessen Konto geht die Umwandlung des
Arbeitsmarktes in ein Tarifkartell? In den letzten dreißig Jahren haben die
beiden großen Volksparteien diese Probleme nicht erkennen wollen. Sie
nährten immer weiter die Illusion, daß schmerzhafte Änderungen der
Institutionen und Einstellungen nicht nötig seien. Der Sozialstaat wurde
munter ausgebaut und der Arbeitsmarkt durch Regulierungen zerstört. Niemand
kann ernsthaft erwarten, daß die Verursacher der Krise des deutschen
Wirtschaftssystems, die Kraft finden, grundlegende Reformen einzuleiten.

Der mangelnde Wille der beiden Volksparteien zu Veränderungen hat einen
einzigen Grund. Sie profitieren von der jetzigen Ordnung durch Privilegien,
Posten, Geld und Prestige. Sie sind mit den öffentlichen Bürokratien so sehr
verflochten, daß sie ihr eigenes Interesse mit dem des Staates und des
Volkes gleich setzen. Was in den letzen drei Jahrzehnten nur wirklich
Eingeweihten offensichtlich war, ist nun für alle erkennbar: Es gibt ein
Machtkartell der Volksparteien, die unter sich die Pfründe des politischen
Systems aufteilen. Machtwechsel und Koalitionen ändern im Prinzip nichts am
Herrschaftsmechanismus "Volkspartei". Die Worthülse der "Volkspartei" ist im
Grund nichts anderes als ein zynisches Mittel die Bevölkerung glauben zu
machen, dem Ganzen zu dienen, um sich desto ungestörter den Staat zur Beute
zu machen. Wahlen sollen auch nur den Eindruck des Mitentscheidens und
Beteiligtseins suggerieren, um sich die Loyalität der Bevölkerung zu
sichern. Ihre Gunst kann immer durch soziale Wohltaten erkauft werden.
Wahlkämpfe erwecken nur den Eindruck zwischen Alternativen wählen zu können.
Parteienfinanzierung und die Fünfprozenthürde sind nur raffinierte
Instrumente, um sich vor unliebsamer Konkurrenz schützen. Dieser
Scheinwettbewerb sichert das Machtkartell vor unliebsamer Konkurrenz.
Staatsfernsehen und Staatsrundfunk, die schon längst dem Proporz zum Opfer
gefallen sind, verkaufen uns schließlich die private Bereicherungsstratgien
der "Volksparteien" als Politik, wo eigentlich nur Eigeninteresse
vorherrscht. Sie alle spielen ihre Rolle in dem Stück "Demokratie als
Fassade". Die Politik beschafft sich ihre eigenen Hüter und
Kontrollinstanzen.

Niemand kann dieses System aus Postenwirtschaft und Proporzmentalität
brechen, denn dessen Hauptprofiteure entscheiden gleichzeitig über dessen
Spielregeln. Das Eigeninteresse siegt über das Gemeinwohl. Die
"Volksparteien" demonstrieren uns in diesen Tagen die alte Weisheit des
politischen Realismus, daß Politik nichts als der Kampf um Macht, Posten und
Geld ist. Das Interesse an Macht, Karriere und Versorgung deformiert jede
noch so ausbalancierte Verfassungsstruktur. Die informellen Absprachen
zwischen den "Volksparteien" der letzen Jahrzehnte, die das Gefüge des
Grundgesetzes überstrapaziert haben, werden nun durch einen sogenannten
Koalitionsvertrag ersetzt. Im Grund ändert sich aber nichts, nur ist es
jetzt für alle klar erkennbar: Wir sind endgültig im Einparteienstaat
angekommen.

Stand 11.11.2005 (eb)

Nachfolgend ein Beispiel erkennbarer Korruption. All diese Politiker sind in Postenabhängigkeit mit der Energiewirtschaft verbandelt (Kontraste, ARD, 19.04.07, Greenpeace).

Das deutsche sich absprechende Energiekartell bezeichnete Hermann Scheer (SPD, MdB) als Cosa Nostra. Man habe sich eine Monopolstellung errichtet, die in der deutschen Geschichte beispiellos ist (frontal21,06.11.07,ZDF). Zudem sei das Verhalten im politischen Amt immer mehr ein Bewerbungsverhalten für lukrative Nachtätigkeiten in der Privatwirtschaft (Report, 19.11.07, ARD).

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