Pressemitteilung: Initiative in Gedenken an Oury Jalloh,
Berlin/Dessau 30-01-2006
Erst starb Oury Jalloh - nun soll Mouctar Bah's Telecafé
geschlossen werden.
Berlin, den 30.01.06
In Dessau verbrannte ein Mensch, Oury Jalloh, in einer
Polizeizelle gefesselt an Händen und Füßen. Seit seinem
Tod am 7. Januar 2005 wurde den Forderungen nach Aufklärung,
Gerechtigkeit und Entschädigung nur auf zynischste Weise
begegnet und zwar mit Vertuschung, Ungerechtigkeit und
Straflosigkeit. Nun wird der Mensch kriminalisiert und verfolgt,
der sich als einer der wenigen für die Aufklärung der
Todesumstände eingesetzt hat: Mouctar Bah, Freund von Oury
Jalloh und Vertreter dessen Familie in Deutschland und nicht etwa
die Personen unter deren Verantwortung Oury Jalloh starb.
Sein Telecafé in Dessau soll am 7. Februar 2006 geschlossen und
ihm die Gewerbelizenz entzogen werden.
Der Laden war schon immer ein Dorn im Auge mancher Leute in
Dessau. Es ist ein Ort, an dem sich afrikanische Menschen aus
Dessau und Umgebung treffen, miteinander und mit ihren Familien
reden und sich ein bisschen sicherer fühlen können als auf der
Strasse.
Bereits 2004 wollte das Ordnungsamt Dessau den Laden schließen
mit der Begründung, dort würden illegalerweise Lebensmittel
verkauft. Dieser Vorwurf stellte sich jedoch als haltlos heraus,
da Mouctar Bah eine entsprechende Lizenz besitzt. Auch eine
Ladendurchsuchung konnte keinen Vorwurf gegen ihn belegen. Ein
Jahr lang hatte das Landesverwaltungsamt Halle den Fall auf dem
Tisch. Nichts wurde unternommen, denn laut eines Mitarbeiters des
Amtes, gäbe es keinen Grund, ihm die Gewerbelizenz zu entziehen.
Aber dann starb Oury Jalloh und Mouctar Bah hat einfach das
getan, was von allen Menschen in einem Land, wo Nie
Wieder angeblich Bedeutung beigemessen wird, zu erwarten
ist. Er hat sich für Aufklärung und Gerechtigkeit eingesetzt.
Jetzt muss er die Folgen tragen und sein
Engagement wird bestraft.
Offiziell heißt es: Mouctar Bah duldet, dass sich Menschen, die
im Stadtpark Drogen verkaufen, in seinem Laden aufhalten. Kein
Wort über Kauf oder Konsum im Laden, auch keine Beweise. Doch
die rassistische Zuschreibung "Schwarze Haut =
Drogendealer" scheint auszureichen. Mouctar Bah soll eine
dauerhafte Gewerbeuntersagung erteilt werden aus
"öffentlichem Interesse. Herr Bah hat mittlerweile
sämtliche juristischen Mittel ausgeschöpft, um seinen Laden zu
schützen. Auch das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hat seine
Beschwerde abgelehnt. Jetzt, ein Jahr nach Oury Jallohs
Tod, erhielt er einen Brief vom Ordnungsamt Dessau, dass sein
Laden spätestens am 7. Februar 2006 geschlossen sein muss.
Dadurch wird die Existenzgrundlage von Mouctar Bah und seiner
Familie entzogen.
Die offensichtliche Kollaboration der staatlichen Institutionen
dient der Leugnung jeglichen Zusammenhangs zwischen Rassismus,
dem Tod von Oury Jalloh und der Schließung des Ladens von
Mouctar Bah. Diese Vorgänge in so einer bürokratischen und
lautlosen Art und Weise zeigen deutlich die Intention, die
Wahrheit über den Tod von Oury Jalloh zu vertuschen und
jeglichen Widerstand gegen solche unmenschlichen und
undemokratischen Maßnahmen zu brechen.
Wir fordern nach wie vor:
Aufklärung, Gerechtigkeit, Entschädigung!!!
Wir fordern, dass es schnellstmöglich zu einem öffentlichen
Prozess kommt, damit die wahren Ereignisse vom 7.01.05 in der
Polizeistelle in Dessau ans Licht kommen.
Weiterhin fordern wir die sofortige Zurücknahme der Entziehung
von Herrn Bah´s Gewerbelizenz.
Diese Pressemitteilung wurde von der Flüchtlingsinitiative
Dessau, der Antirassistischen Initiative Berlin (ARI), der
Plataforma der Flüchtlinge und MigrantInnen und vom The
Voice-Refugee Forum, als Teil der Initiative in Gedenken an Oury
Jallow herausgegeben.
Ein Video-Interview mit Mouctar Bah unter
http://www.umbruch-bildarchiv.de/video/gesetze/260106mouctar_bah.html
Die "Internationale Kampagne gegen die Diktatur in Togo
und anderen Afrikanischen Ländern" hat den Vizepräsidenten
der Togoischen Menschenrechtsliga (LTDH), Siméon Clumson, nach
Deutschland eingeladen. Die LTDH hat einen umfassenden Bericht
über die Menschenrechtsverletzungen in Togo
veröffentlicht:Auszug LTDH Bericht.
Er wird am 15. Februar in Hamburg ankommen. Er wird sich zusammen
mit Aktivisten der "Internationalen Kampagne" auf eine
Rundreise durch Deutschland begeben. An unten genannten Orten
werden Informationsveranstaltungen stattfinden. Am 27.02.2006 ist
ein Gespräch mit dem Referatsleiter Togo des Auswärtigen Amt
vereinbart worden.
Folgende Daten sind bisher beschlossen bzw. geplant: Hamburg: Do.
16.02. 19°° Uhr, Kölibri, Hein Köllisch Platz, Hh/St.Pauli,
Halle: Aktion Togo Plus, 18. und/oder 19.02 Schwerin: geplant
für 22.02. noch nicht bestätigt Rostock?
Bremen: Karawane-HB Fr., 24.02. bestätigt
Brandenburg?
Berlin: plataforma, So., 26.02., bestätigt; geplant 27.02.
Pressekonferenz (vormittags)und um 14°° Uhr Gespräch mit dem
Referatsleiter Togo im Auswärtigen Amt Bielefeld: Karawane-BI,
02.03. 19°°
Uhr Internationales Begegnungs Zentrum (IBZ), Teutoburger Str.
106 noch
offene Daten: Düsseldorf/Wuppertal/München
Hier der Mobilisierungflyer in deutsch und französisch. Unten
auf dem Flyer ist freier Platz gelassen, wo jede Gruppe ihre
lokalen Veranstaltungsdaten eintragen kann.