Es war einmal ein Altersrentner für Schwerbeschädigte (544
), der sich etwas hinzuverdiente (frontal 21, 23.01.07,
auch escher). Die Hinzuverdienstgrenze liegt bei 345,00 im
Monat. Der Invalidenrenter hat aber 360,00 /Monat verdient,
allerdings nur 10 Monate lang. Wegen einer Auskunft eines
Steuerberaters war der Invalidenrentner von der Richtigkeit
seines Hinzuverdienstes überzeugt. Hier wäre es besser gewesen,
er hätte sich beim Rententräger informiert.
Der Rentenversicherer hatte aufgrunddessen für diesen Zeitraum
seine Rente um 1880,- gekürzt.
Herr Klocke von der dt. Rentenversicherung Berlin-Brandenburg
meint, gesetzlich wäre geregelt, daß nur noch ein Anspruch in
Höhe der nächstniedrigeren Teilrente bestünde, dabei könne
eben ein Drittel der Rente schon verloren gehen.
Bei Escher meinte der Vertreter der Arbeitsagentur, das wäre
jahrzentelanges Recht und Praxis. (Das ist richtig, außer daß
es 2003-2004 eine noch nachteiligere Tagesabrechnung des
Hinzuverdienstes gab.)
Gesetzlich ist aber tatsächlich geregelt (§ 96a SGB VI), daß
Anspruch auf Rente nur besteht, wenn die Hinzuverdienstgrenze
nicht häufiger als zweimal im Jahr bis zur Höhe des selbigen
Betrages überschritten wird. D.h., der Rentenanspruch erlischt.
Z.B. im SGB VI-Kommentar § 96 a 2.d (Eicher/Haase/Rausxhenbach,
RV der Arbeiter und Angestellten, Bd. 1, Jehle-V, 2006) heißt
es, daß bei überschreiten der Hinzuverdienstgrenze die
jeweilige Rente nicht mehr zu leisten ist. Allerdings Prüfung
von Amts wegen, ob der Hinzuverdienst der Weiterzahlung der Rente
nach Abs. 1a in verminderter Höhe zuläßt, beispielweise nur zu
3/4.
Ein Hinweis, welches Recht die Behörden mit einer derartigen
Amtspflicht betraut haben, konnte nicht gefunden werden. Das
hieße die Teilrentenregelung könnte jederzeit abgeschafft
werden. Desweiteren unterliegt jetzt die Entscheidung in der
Sache einem Ermessensspielraum (Teilrente bis keine Rente).
Hier haben wir offenkundig eine unzureichende gesetzliche
Regelung vorliegen, die an sich nicht einmal eine differenzierte
Behördenentscheidung zuläßt und insgesamt
Schädigungscharakter in sich trägt. Desweiteren bedeutet
pflichtgemäßes Ermessen eine nach rechtsstaatlichen Regeln
sachliche und in der Verhältnismäßigkeit vernünftige Wertung
durch den Entscheidungsträger. Dieser sogenannte
Ermessenspielraum wird häufig von den Entscheidungsträgern als
Recht für eine Willkürentscheidung interpretiert (auch in
DDR-Zeiten bekanntes Verhalten).
Soweit dem Entscheidungsträger im vorliegenden Fall nicht
auffällig wurde, daß der Rentner böswillig geltendes Recht
gebrochen hat, wäre eine kleine Mindeststrafe das Maximum des
Ermessensspielraumes gewesen.
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In der Frage der Rechtssicherheit vertritt der Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages (auch alle anderen Behörden) folgende Auffassung:
Es ist logisch völlig korrekt, wenn die Notwendigkeit einer
Rechtssicherheit ein endgültiges Ende eines Verfahrens bewirkt.
Der Staat muß aber zuvor entsprechende gesellschaftsgemäße
Umstände schaffen und dem Bürger alle Mittel in die Hand geben,
seine Rechte in Anspruch nehmen und durchsetzen zu können. Daran
mangelt es in Deutschland, wenn alle Richter, Staatsanwälte,
Gutachter, Rechtsanwälte und Behörden in übermäßiger
Abhängigkeit zum Staat stehen, sowie die Parteiendemokratie etc.
einer ständigen Unterwanderung unterliegt. Der
Petitionsausschuß fordert dagegen Rechtssicherheit unter
Ignorierung dieser erheblichen Mängel und damit verbunden einer
Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes.
Im übrigen müßte kein ernstlich beschwerter Bürger um Hilfe
rufen, wenn wenigstens das Verfassungsgericht seine Pflichten
beim Vorliegen von Grundrechtsverletzungen erfüllen und den
Zugang zum Verfassungsgericht rechtsstaatlich vertretbar gestalten
würde (1-Monats-Frist inkl. perfekten Sach- und Rechtsvortrags,
Instanzenweg, Rechtsbehelfs- und mittelklarheit, sachgerecht
wirkende Rechtsanwälte und Beratungsstellen). Es ist an sich
nicht Sinn der Sache ein weiteres Überprüfungsgremium zu
etablieren. Schon allein wenn das Verfassungsgericht eine
unvertretbare Häufung an Verfassungsverstößen feststellt, hat
es wegen seiner souveränen Instanz aktiv zu werden. Auch das
grundgesetzliche Bitten- u. Beschwerderecht hat die Funktion sich
an Vertreter der 3 Gewalten richten zu können, die bei
festgestellten Verfassungsverstößen und -mängeln die Pflicht
haben, aktiv zu werden und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Wenn
eine Gesellschaft schon soweit runtergekommen ist, daß
Grundrechtsverstöße einfach hingenommen werden, mit Ausreden
legalisiert oder zu radikalen oder sonstwie gearteten
Gegenreaktionen führen, hat die Demokratie versagt. Solche
Gegenreaktionen kann man dann nicht noch in weiterer
verbrecherischer Manier als rechtswidrig abstempeln. Es liegt in
der Natur des Menschen, daß jede grundrechtswidrige staatliche
Gewalt auch Gegengewalt erzeugen kann und nicht nur den Suizid.
In einem weiteren Fall (Exakt, MDR 20.02.08) hatte eine
Frührentnerin 35 (in 2 Jahren 870 ) über der
Hinzuverdientsgrenze von 350,- verdient. Im Rentenantrag
hatte sie ihren Verdienst ordnungsgemäß angegeben. Die
Rentenkasse forderte von ihr über 6000,- zurück.
Bundesweit sollen über 20000,- Rentner von solchen
Forderungen betroffen sein. Ein Herr Andreas Walther der
Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland sagte, sie hätten
bei solchen Überschreitungen keinen Ermessenspielraum, die Rente
sei nur noch zu 2/3 zu zahlen.
In einer weiteren Sendung (Fakt 03.03.08) sei dann jedoch vom
Bundesministerium für Soziales und Arbeit mitgeteilt worden,
"Trifft den Rentenbezieher indes nur ein leichtes oder gar
kein Verschulden, so fordern die Rentenversicherungsträger ...
nur den die Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Teil
zurück".
Seit 1/2008 beträgt die Hinzuverdienstgrenze 400,- . Überverdienst kann der Rentenversicherer aufgrund eines aktuellen Gerichtsurteils nur noch fordern (escher, MDR, 21.08.08).