Hinsichtlich der Säumniszuschläge zu den Abwassergebühren in Thüringen wurde bereits in der Sendung "Umschau" vom 15.02.06 (MDR) mit anwaltlicher Hilfe berichtet. Da es einen weiteren Bericht und Unzufriedenheit in der Sendung "Ein Fall für Escher" vom 16.03.06 gab, nachfolgend ein paar Worte hierzu..

Eine Gesellschaft bedarf für einen geordneten Ablauf von Lebensvorgängen bestimmter Regeln (Rechtsregeln). Um diese Ordnung allseits zu sichern und den Rechtsschutz zu gewährleisten, bedarf es wiederum an für den Bürger zumutbaren Regeln. Diese können sich im Verstehen allerdings nicht an den Fähigkeiten eines schlecht Gebildeten ausrichten, müssen aber für den Durchschnittsbürger noch irgendwie verständlich sein. Grenzen bilden hier jedoch auch manchmal in der Sache bedingte Kompliziertheiten. Deshalb gibt es Rechtsmittelbelehrungen, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Sachverständige etc. sowie das Beratungshilfegesetz. Strafgelder zu erheben, dient an sich dem Zweck, rechtswidriges Verhalten des Bürgers zu minimieren.

Im vorliegenden Fall gilt die Abgabenordnung gem. Thüringer Kommunalabgabengesetz §§ 10, 15. Die Abgabenordnung regelt im § 240 die Säumniszuschläge. Allgemein ist die Abgabenordnung mit einigen Varianten von Zuschlägen wegen schuldhaften Verhaltens geprägt (Verspätungszuschläge, Säumniszuschläge, Zwangsgelder, die mit als Nebenleistungen gelten). Sie dienen hauptsächlich dazu, Bevorteilungen des Steuer- oder Gebührpflichtigen auszuschließen und zur Sicherstellung kontinuierlicher Steuereinnahmen. Bei den Säumniszuschlägen genügt gem. § 218 AO die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes aus § 240 AO. Der § 240 AO regelt die Erhebung eines Säumniszuschlages, wenn nicht bis zum Fälligkeitstermin die Steuer (Gebühr) entrichtet wurde. Absatz 1 Ziff. 4 regelt:

"Wird die Festsetzung einer Steuer (Gebühr) oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt."

Mit den "verwirkten Säumniszuschlägen" ist gemeint, daß mit der nicht rechtzeitigen Gebührenzahlung der Fall der Erhebung von Säumniszuschlagen eingetreten ist, die nun weiterhin gefordert werden können.

Wenn nun der Bürger einem Gebührenbescheid nicht nachkommt, handelt er zunächst schuldhaft, solange nicht das Gegenteil durch hoheitlichen Akt (Amt, Gerichte) bestimmt wird. Um zu vermeiden, daß jeder Bürger, der meint, im Recht zu sein, seine Gebühren einfach nicht bezahlt, ist er durch diese Regelung dazu gezwungen dies doch zu tun. Die Regelung aus Ziff. 4 könnte infolge nur denselben Zweck haben. Der Bürger soll dadurch davon abgehalten werden, daß er seine Gebühr zunächst nicht leistet.

Dieses Recht ergibt sich aus der Wichtung der höheren Wahrscheinlichkeit eines rechtmäßigen Verwaltungsakts im Vergleich zu einem mutmaßlichen Recht, welches der Bürger meint zu haben. So gesehen ist dieses Recht nicht zu beanstanden.

Mit dem Antrag auf Stundung oder Aussetzung der Vollziehung würde der Bürger kundtun, entweder nicht zahlungsfähig zu sein oder die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit seines geforderten Rechts offerieren. Er macht damit auch deutlich, nicht zahlungsfähig zu sein, statt einfach nicht zahlen zu wollen.

Die von beiden Rechtsanwälten ohne weitere Darlegung des o.g. rechtlichen Sachverhalts angeführte Begründung, die Bürger hätten keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt und deshalb seien die Säumniszuschläge rechtens, kann natürlich die Gemüter nicht gerade beruhigen. Sie ist auch nicht ganz richtig. Denn wenn einem Aussetzungsantrag nicht stattgegeben wird (§ 361 Abs. 1 S 2 AO) und der Bürger leistet trotzdem nicht, muß der Säumniszuschlag genauso entrichtet werden. Rechtsanwalt Storsberg sagte aber, da, wo ein solcher Antrag gestellt worden sei, ist für diese Bürger das Problem der Erhebung eines Säumniszuschlages garnicht aufgetreten. Diese Aussage ist unglaubwürdig, weil zumindest für die Fälle, wo keine Zahlungsunfähigkeit vorgelegen hat, idR solche Anträge negativ beschieden werden.
Für RA Althoff war die Säumnisregelung sogar unverständlich. Warum ?

Das Rechtsproblem liegt hier ganz woanders. Der Gesetzgeber ging zumindest theoretisch bei der Festlegung dieses Rechts in der AO von allgemein rechtmäßigen Landesgesetzen und Verwaltungsakten aus. Man muß also in einem Rechtsstreit den Nachweis führen, daß das Land und/oder der Trink- u. Abwasserzweckverband, mit seinem Gesetz und/oder Trink- u. Abwasserbescheid gezielt vorhatten, sich am Bürger zu bereichern. Es ist besonders zu klären, warum mit dem neuen Gesetz die Trinkwasserbeiträge abgeschafft worden sind?
Der Sinn der Regelung in der AO könnte so als mißbraucht nachgewiesen werden, weshalb sie dann auch nicht in Anwendung kommen darf.

Solche Begründungen zur angeblich unverhältnismäßigen Höhe von Trinkwassergebühren, wie altes Haus u.ä. sind völlig fehl am Platze, weil einerseits ein Hauseigentümer Trinkwasserkosten in seiner Kostenplanung berücksichtigen muß und er andererseits die Möglichkeit der Stundung hat.

 

Die Filmberichte zur Zustellung eines amtlichen Schreibens durch einen Rechtsanwalt und die Übernahme der Vormundschaft ebenfalls durch einen Rechtsanwalt (02.03.06), beides mit fadenscheinigen Begründungen der Gerichte, sind in etwa gleichgelagert. Denn es ging hier den Gerichten offenbar eher darum den Rechtsanwälten Arbeit und damit Einkommen zu verschaffen. Letzteres ist eine häufig angewandte Betrugspraxis von Gerichten und Anwälten. Eine Vorsorgevollmacht würde zumindest diesen Betrug etwas einschränken.

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